Musik Rebellisch war gestern

Trier · Die Hardrockband Uriah Heep liefert in Trier ein passables Alterswerk ab.

 Bernie Shaw, der kanadische Leadsänger der Band Uriah Heep, legt altbewährtes Pathos in seinen Auftritt.

Bernie Shaw, der kanadische Leadsänger der Band Uriah Heep, legt altbewährtes Pathos in seinen Auftritt.

Foto: TV/Clemens Sarholz

Nach 49 Jahren, 26 Studioalben, insgesamt 21 ehemaligen Bandmitgliedern und vier Todesfällen leben sie immer noch ihren Traum. Uriah Heep. Am Samstag haben sie in der Europahalle Trier vor 800 Zuhörern gespielt. Als Support spielten The Zombies.

Auf die alten Tage haben sie nichts verlernt, auch wenn die Akustik das Vergnügen trübt. Die Instrumente kommen größtenteils mit sehr verwaschenem Sound beim Publikum an, und die Songtexte sind auch kaum zu identifizieren.

Einst war Hardrock der Soundtrack der Rebellion. Wer allerdings am Samstag die Europahalle betritt, könnte meinen, einige der einstigen Rebellen hätten etwas von ihrem Nimbus eingebüßt.

Da steht nämlich eine ältere Frau mit Bobfrisur und grau meliertem Haar. Auf eine Krücke gestützt wippt sie im Takt zum Lied „Too scared to run“. Da ist ein anderer, der streckt sich, so als habe er nach längerem Stehen Rückenschmerzen bekommen. Die Fans sind mit der Band mitgewachsen.

Uriah Heep startet mit dem Lied „Grazed by Heaven“ vom neuesten Album „Living the Dream“. Es beginnt mit einem harten Einstieg der Drums, auf den verzerrte Gitarrenklänge folgen. Das Publikum steht verhalten da und rührt sich noch wenig.

Bernie Shaw lässt sich ob des bescheidenen ruhigen Anblicks bei der harten Musik nicht aus der Ruhe bringen. Der kanadische Leadsänger der Band legt altbewährtes Pathos in seinen Auftritt. Die Augen geschlossen führt er seine geöffnete Hand nach oben in die Luft und legt seinen Kopf in den Nacken, als handele es sich bei dem Auftritt um etwas Größeres als um die Musik.

Und einmal wird es diesen Augenblick im Konzert geben, da hat man das Gefühl, dass der Saal von etwas Größerem erfasst wird. Nämlich dann, wenn die Heep ihren berühmten Song „Lady in Black“ spielen. „Wollen sie alle mit mir singen?“, fragt Shaw mit charmantem Akzent auf Deutsch. Alle singen mit. Zugegeben, der Refrain ist nicht so schwer. Aber ein eigentümliches Zusammensein ergreift den Raum. Vielleicht ist es Nostalgie. Das Lied ist aus. Fünf Männer verlassen den Saal.

Schade. Denn musikalisch will sich Uriah Heep nicht lumpen lassen. Auf „Lady in Black“ folgt „Rocks in the Road“, und Davey Rimmey kündigt mit einem Basslauf etwas Aufreißendes an. Mick Box (letztes noch aktives Gründungsmitglied) wirft kurze Gitarrenriffs ein. Immer häufiger wiederholt sich dieses gegenseitige Aufwiegeln. Dann steigt auch Phil Lanzon am Keyboard ein,  und Russell Gilbrook bringt mit der Doppel-Bassdrum Druck ins Publikum. Alles zusammen türmt sich, trotz der schwierigen Akustik, zu einer verheißungsvollen Welle auf, die schlagartig bricht und Energie freisetzt. Mit großen Applaus und lauten „Heeey“-Rufen bedankt sich das Publikum. Mit einem „Fistbump“ (Faust an Faust-Schlag) bedankt sich Shaw bei Box für die Darbietung.

Das letzte Lied ist verklungen. Die Band zieht sich zurück. Die Rufe nach der Zugabe sind nicht mantrenartig, wie man das kennt. Viel mehr organisiert sich die Forderung nach einer Zugabe chaotisch, so als wisse man nicht, ob man noch eine Zugabe wolle. Viele Zuschauer gehen schon. Doch einige bleiben noch und hören sich die Zugabe von drei Liedern an. Vielleicht ist die Band im Herzen jünger als einige ihrer Fans.

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