Vorsicht: Fallstricke im Versicherungsdschungel

Neben der privaten Haftpflicht- ist die Berufsunfähigkeitsversicherung die für junge Menschen wichtigste zusätzliche Absicherung. Das Angebot ist so groß wie die Gefahr, einen unvorteilhaften Vertrag abzuschließen. Verbraucherberaterin Renate Schröder hat im Rahmen der "TV Wissen wie"-Reihe vor Fallstricken im Versicherungsdschungel gewarnt.

 Nach dem „TV-Wissen wie“-Vortragsabend zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung: Referentin Renate Schröder (Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Beratungsstelle Trier, rechts) beantwortet Fragen von Sascha Thull und seiner Mutter Gertrud Thull aus Konz-Oberemmel. TV-Foto: Roland Morgen

Nach dem „TV-Wissen wie“-Vortragsabend zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung: Referentin Renate Schröder (Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Beratungsstelle Trier, rechts) beantwortet Fragen von Sascha Thull und seiner Mutter Gertrud Thull aus Konz-Oberemmel. TV-Foto: Roland Morgen

Berufs- oder gar erwerbsunfähig werden - das Risiko ist viel größer als allgemein angenommen. Dieses Schicksal trifft jeden vierten Arbeitnehmer vor dem Rentenalter. "Also ist finanzielle Absicherung wichtig", betont Renate Schröder (51) von der Beratungsstelle Trier der Landes-Verbraucherzentrale beim Vortragsabend zum Thema "Richtige Absicherung bei Berufsunfähigkeit" im Rahmen der "TV Wissen wie"-Reihe vor Volksfreund-Abonnenten. Ihre Empfehlung: "Für alle, die die im Falle dauerhafter Arbeitsunfähigkeit entstehenden Einkommenslücken nicht aus anderen Einnahmequellen ,stopfen\' können, ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung unverzichtbar." Das gelte vor allem für junge Menschen, denn in den ersten Jahren des Arbeitslebens entstünden bei Berufsunfähigkeit die größten Finanzlücken: "Für sie sieht die Situation so aus, dass sie frühestens nach fünf Jahren Zugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung Leistungen erhalten, wenn sie innerhalb dieser Zeit mindestens 36 Monate lang Beiträge entrichtet haben."
Erwerbsminderung: Ja, aber …


Gezahlt werde aber nur, wenn eine "Erwerbsminderung" vorliegt: "Diese Situation tritt erst dann ein, wenn man dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht einmal mehr drei Stunden am Tag zur Verfügung stehen kann." Allerdings dürfte in den meisten Fällen auch dann die Erwerbsminderungsrente nicht zum Lebensunterhalt reichen.
Wer noch drei bis sechs Stunden täglich arbeiten kann, erhalte nur die halbe Rente, und gar keinen Rentenanspruch hätten Menschen, die noch mehr als sechs Stunden pro Tag zu arbeiten in der Lage seien. "Maßstab für das sogenannte Restleistungsvermögen ist nicht der bisherige Beruf, sondern jede denkbare Tätigkeit", erläutert Renate Schröder.
Stellt sich also die Frage nach der "richtigen" Berufsunfähigkeitsversicherung. "Eine mit guten Bedingungen für junge Leute in Ausbildung, Studium oder am Beginn des Berufslebens ist oft zu teuer", findet offenbar nicht nur die Verbraucherberaterin. Einige Versicherungen würden neuerdings "Starterpolicen" anbieten, die in den ersten Jahren der Laufzeit bei gleichen Bedingungen einen günstigeren Preis haben, der erst später auf Normalniveau ansteigt.
Ein kleiner Lichtblick im Versicherungsdschungel, in dem jede Menge Fallstricke lauerten. Etwa in Gestalt von Vertretern, "die einem Sand in die Augen streuen und doch nur eine Kapitalversicherung andrehen wollen", oder Vertragsklauseln, die sich bei näherer Betrachtung als "wirtschaftlich unsinnig" für den Versicherungsnehmer erwiesen.
Ein Patentrezept gibt es nach Einschätzung von Renate Schröder nicht. Jeder Versicherungsinteressent bringe unterschiedliche Voraussetzungen mit. Schon, was die Hobbys betrifft.
Biker zahlen mehr


"Ein Motorradfahrer hat ein ganz anderes Verletzungsrisiko als ein Schachspieler. Entsprechend unterschiedlich sind die Beiträge." Aber auch die Tarife von derzeit rund 100 Versicherungsanbietern. Ein Beispiel: Wer als 30-jähriger kerngesunder kaufmännischer Angestellter einen Vertrag mit 1000 Euro Berufsunfähigkeitsrente monatlich (inklusive Risikolebensversicherung in Höhe von 50 000 Euro) und einer Laufzeit bis zum 65. Lebensjahr abschließt, muss bei einem günstigen Anbieter zurzeit 400 bis 600 Euro jährlich berappen. Teure hingegen verlangen hierfür gar bis zu 1300 Euro im Jahr. Wer versicherungstechnisch ein höheres Risiko mitbringt, zahlt natürlich mehr.
Renate Schröders Rat an die Besucher der Vortragsveranstaltung im Forum des TV-Verlagsgebäudes: "Seien sie skeptisch gegenüber Allfinanzberatern und Finanzoptimierern und koppeln sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht mit anderen Verträgen."
Die Verbraucherberatung bietet Hilfestellung an, um in persönlicher und individueller Beratung den "richtigen" Vertrag zu finden. Informationen bei der Beratungsstelle Trier der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Fleischstraße 77, Telefon 0651/48802, und unter www.verbraucherzentrale-rlp.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort