Justiz Trierer Gericht bearbeitet wieder mehr Asylklagen

Trier · Im ganzen Bundesland wächst die Zahl an Flüchtlingen, die Schutz beantragen. Auch in der Region. Wie ist diese Entwicklung zu erklären?

Die Gerichte haben wieder mehr mit Asylfragen zu tun, auch in der Region Trier.

Die Gerichte haben wieder mehr mit Asylfragen zu tun, auch in der Region Trier.

Foto: dpa/Felix Kästle

Nach Rheinland-Pfalz strömen wieder mehr Menschen aus Syrien oder Afghanistan, die im Bundesland Asyl suchen und im Notfall darauf klagen. Das Trierer Verwaltungsgericht meldet im ersten Halbjahr 2021 eine steigende Zahl von Asylklagen. Wie Gerichtspräsident Georg Schmidt unserer Zeitung auf Anfrage mitteilt, sind in Trier in den ersten sechs Monaten diesen Jahres bereits 1562 Asylklagen eingegangen. Bleibt es bei diesem Trend, käme das Gericht bis zum Ende des Jahres auf mehr als 3000 Klagen, die es zu bearbeiten hätte. Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr, das stark von der Corona-Krise überschattet war, zählte das Gericht 2659 Klagen gegen Ablehnungsbescheide. In Rheinland-Pfalz bearbeitet das Verwaltungsgericht Trier die Asylklagen zentral.

Zugleich steigt nach Angaben des grün-geführten Integrationsministeriums in Mainz auch die Zahl der Asylanträge im Land. Stellten Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz im ganzen vergangenen Jahr insgesamt 4365 Anträge, waren es in den ersten sechs Monaten diesen Jahres bereits 2671, teilt eine Sprecherin unserer Zeitung mit.

Der Trierer Gerichtspräsident Schmidt spricht davon, dass Klagen überwiegend von Syrern, Afghanen, Somaliern, Irakern, Iranern, aber auch zunehmend von Türken eingereicht werden. Schmidt führt das auf die Politik des türkischen Präsidenten Erdogan zurück, durch die Menschen in Justiz, Polizei, Militär oder Verwaltung in den vergangenen Jahren ihre Berufe verloren oder gar im Gefängnis landeten. Spürbar nehme auch die Zuwanderung über Mittelmeerrouten zu. Dazu lasse Weißrussland mehr Flüchtlinge die Grenze zu Litauen illegal überqueren.

Kaum vor dem Gericht landen bislang Klagen von Flüchtlingen, die in Griechenland bereits Asyl bekommen, aber verstärkt nach Deutschland reisen, um dort einen erneuten Antrag zu stellen und dort eine neue Bleibe zu finden. Hintergrund der Flucht ist laut Politik und Flüchtlingsverbänden, dass es gerade Familien in Griechenland an sozialen Leistungen fehle, um eine menschenwürdige Unterkunft zu bezahlen. Auf dem Arbeitsmarkt fehle es nach der Corona-Krise auch an ausreichend Stellenangeboten. 120 Flüchtlinge, die über Griechenland in die Region Trier reisten, erwischte die Bundespolizei zuletzt binnen von zwei Wochen über die Flughäfen Hahn und Luxemburg. 600 Menschen, die in Griechenland bereits Schutz erhalten, haben in diesem Jahr bereits einen zusätzlichen Asylantrag in Rheinland-Pfalz gestellt, teilte das Integrationsministerium mit. Laut Asylgesetz ist es zwar verboten, einen erneuten Antrag zu stellen, wenn ein anderes EU-Land bereits Schutz bietet. Aber: Einzelne Gerichte in Deutschland untersagen momentan die Abschiebungen zurück nach Griechenland, weil den Flüchtlingen dort eine „erniedrigende Behandlung“ drohe. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagt, diese Urteile könnten „die Architektur des gesamten gemeinsamen europäischen Asylsystems beeinflussen“. Das Bundesministerium sei daher in Gesprächen mit Griechenland und habe angeboten, „eine entsprechende Unterbringung und Versorgung von aus Deutschland zurückzuführenden Schutzberechtigten auch mit eigenen Ressourcen zu unterstützen“. Die Gespräche liefen noch. Laut Land sind die Asylverfahren dieser Flüchtlinge daher ausgesetzt. Der Trierer Gerichtspräsident Georg Schmidt sagt, das Dublin-Verfahren in der Europäischen Union sei „gescheitert“. Dieses regelt, welches Land dafür zuständig ist, Asylanträge von einzelnen Flüchtlingen zu prüfen. Wo sich der Süden Europas überlastet fühle, beschwerten sich die Staaten im Norden darüber, dass es in den Aufnahmeländern an vergleichbaren Sicherungen für Flüchtlinge fehle, was ein Anreiz zum Weiterziehen sei, nennt Schmidt als Zielkonflikt in der EU.

Immerhin: Von einer Überlastung des Trierer Verwaltungsgerichts ist momentan keine Spur. Lag das Trierer Gericht im Januar 2017 noch bei 14 000 Asylverfahren, ist die Zahl seitdem massiv zurückgegangen. Das Land besetzte das Gericht in den vergangenen Jahren mit zusätzlichen Richtern, was auch die Bearbeitungszeit beschleunigt habe. Lag die durchschnittliche Dauer eines Klageverfahrens im vergangenen Jahr noch bei 12,6 Monaten, belaufe sie sich nun nur noch auf 7,5 Monate, schildert der Trierer Gerichtspräsident. Bis Ende des Jahres rechnet er sogar damit, dass Richter die Verfahren noch rascher vom Tisch bekommen.

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