Katholische Kirche Trierer Bistumspriester legt ungewöhnliche Beichte ab

Trier · Ein 52-jähriger Geistlicher aus dem Kreis Bad Kreuznach gesteht ein intimes Verhältnis mit einem traumatisierten Flüchtling ein.

Mit einer ungewöhnlichen Beichte hat sich am Wochenende ein Priester der zum Bistum Trier gehörenden Pfarreiengemeinschaft Kirn (Kreis Bad Kreuznach) an die Öffentlichkeit gewandt. Der 52-jährige katholische Geistliche gesteht im aktuellen Pfarrbrief der Gemeinde ein intimes Verhältnis mit einem syrischen Flüchtling ein. Das Dramatische an der Beichte: Der 23-jährige Flüchtling hat sich vor einem Jahr das Leben genommen; kurz zuvor hatte er den Kirner Priester nach Angaben des Geistlichen angezeigt. Weil keine Straftat vorgelegen habe, hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach Angaben des Priesters kurze Zeit später wieder eingestellt.

Der katholische Geistliche ist seit über einem Jahr erkrankt. Offenbar kannten viele Gläubige in der Pfarreiengemeinschaft nicht die wirklichen Hintergründe, die der 52-Jährige im aktuellen Pfarrbrief nun freimütig schildert. Danach hat sich die im Dekanat Bad Kreuznach gelegene Pfarrei vor zwei Jahren stark in der Flüchtlingshilfe engagiert. „Nach und nach sind mir dabei immer mehr Aufgaben zugewachsen“, schreibt der Geistliche im Pfarrbrief, „und, so kann ich es heute im Rückblick sagen, auch über den Kopf gewachsen.“

So habe auch der durch seine Erfahrung von Krieg und Vertreibung schwer traumatisierte syrische Flüchtling Kontakt zu dem Kirner Priester gesucht. „Hier hat sich schließlich eine auch körperliche Intimität ergeben, die dieser Situation nicht angemessen war“, heißt es in dem Schreiben an die Gremien und Gläubigen der Pfarreiengemeinschaft. Dabei habe er die Distanz, die seine Rolle als Begleiter eines geflüchteten Menschen und auch als Priester geboten hätte, nicht gewahrt, räumt der 52-Jährige ein und fügt selbstkritisch hinzu: „Ich habe das Vertrauensverhältnis in nicht angemessener Weise ausgenutzt.“ Konkreter wird der gebürtig von der Mosel stammende Priester nicht. Er schildert danach, dass sich der junge Flüchtling im Dezember vergangenen Jahres  das Leben genommen habe.

In einer seinerzeit veröffentlichten Meldung der Polizei ist davon die Rede, dass bei einem tödlichen Unfall in Kirn ein 23-jähriger Fußgänger „plötzlich und unvermittelt vom rechten Gehweg aus die Fahrbahn“ betreten habe und dort von einem Auto erfasst worden sei. Der junge Mann sei schwer verletzt worden und später im Krankenhaus gestorben.

 Im Pfarrbrief schreibt der Priester, dass es zwischen „unserem Kontakt und der Entscheidung  des Mannes, sich das Leben zu nehmen“, „nach allem, was wir wissen“, keinen Zusammenhang gebe. Dessen ungeachtet belaste ihn die Tatsache sehr, so der Geistliche. Die Gründe für den Suizid seien vermutlich in der Traumatisierung des Flüchtlings zu suchen. Belege für diese Einschätzung werden aber nicht genannt.

Zu den Hintergründen der angeblichen Strafanzeige gegen den Priester war am Montag nichts in Erfahrung zu bringen. Bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach war kein Verantwortlicher ans Telefon zu bekommen. Auch der zuständige Dechant des Dekanats Bad Kreuznach war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Das Bistum Trier hat nach Angaben von Sprecherin Judith Rupp im Februar „über sich verdichtende Gerüchte“ von dem Fall erfahren. Nach Gesprächen mit dem Betroffenen und der Staatsanwaltschaft hätten sich die Gerüchte bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt war laut Judith Rupp das staatsanwaltschaftliche Verfahren bereits wieder eingestellt.

Inzwischen ist nach Bistumsangaben auch das Disziplinarverfahren gegen den Priester beendet, indem er seinem Amtsverzicht zugestimmt habe. Zudem sei ihm auferlegt worden, künftig nicht mehr in der Flüchtlingsarbeit tätig zu werden, sagte Judith Rupp unserer Zeitung. Nach ihren Angaben hat das Bistum selbst keinen Kontakt zu den Angehörigen des ums Leben gekommenen Syrers aufgenommen, allerdings die Mitarbeiter einer lokalen Flüchtlingsinitiative.

Wie es mit dem Priester weitergeht, ist offen. Nach seinen eigenen Angaben im Pfarrbrief ist er seit Ende vergangener Woche wieder für einen längeren stationären Aufenthalt in der Klinik. Teil der Therapie sei es, „das Erlebte und mein Verhalten zu reflektieren und zu bearbeiten, um eine gefestigte Handlungssicherheit für die Zukunft zu gewinnen“.

An seinen alten Pfarrort wird der 52-jährige Geistliche jedenfalls nicht zurückkehren. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann habe die Verzichtserklärung des Priesters angenommen, heißt es im jüngsten Kirner Pfarrbrief. Mit dem Bischof sei auch vereinbart worden, über den künftigen Einsatz als Priester erst zum Ende der Therapie zu sprechen.

Mit der Beichte des  Trierer Bistumspriesters sorgt in der Pfarreiengemeinschaft Kirn zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre ein katholischer Geistlicher für Schlagzeilen. 2012 wurde der Seelsorger des Kirner Krankenhauses und eines Altenheims von seinen Aufgaben entbunden. Der Ruhestandsgeistliche soll in den 1990er Jahren in der Ukraine mehrere Minderjährige missbraucht haben.

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