Bürgerbewegung und Wechselstimmung

Die CDU präsentiert sich beim Landesparteitag in Ransbach-Baumbach (Westerwald) geschlossen wie kaum zuvor. Vor allem die Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin Julia Klöckner stimmt die Delegierten optimistisch.

Ransbach-Baumbach. Die CDU-Delegierten reisten so optimistisch wie selten zu einem Parteitag in die Westerwaldstadt Ransbach-Baumbach mit der Landesvorsitzenden und Spitzenkandidatin Julia Klöckner. Einige, die dem Saal entgegenstreben, erinnern sich an andere Zeiten. Große Skepsis hatten manche 1990 insgeheim im Gepäck, als sie damals hier in der Dämmerung der CDU-Macht Carl-Ludwig Wagner zum Spitzenkandidaten wählten.

Im März 2001 machten sie sich vor der Wahl für "das Wunder" Mut, Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) abzulösen. Doch 2011 ist an diesem kalten Januartag alles anders.

Das groß an die Wand geworfene 37:37 und ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Beck vor Augen ist die Partei diesmal überzeugt: Mit Julia Klöckner können wir es schaffen. "Wer hätte das vor Monaten gedacht?", staunt ein glücklicher Fraktionsvize Alex Licht.

Als erste ist die Truppe der Jungen Union an Bord, die sich nicht nur programmatisch stark einbringt. Sie schmückt auch die Halle, legt Karten mit Aufschriften wie "Lautstark gegen roten Filz von Kurt Beck" aus und hat keine Scheu, dass PR auch in die Hose gehen kann: Als Signal für den nötigen Wechsel im Land hängt sie weiße Feinrippware draußen auf.

Mehr als Gags beschäftigt die Unionspolitiker in Gesprächen, dass sie geschlossen wie kaum zuvor in die Wahl ziehen und in den Sälen wieder Zulauf genießen. Das haben sie lange vermisst. "Das verdanken wir Julia", heißt es überall. Aber als ihr Star unter ständigem Termindruck wieder verspätet einmarschiert, merken es die etwa 80 Delegierten und die viel größeren Reihen der Gastschreiber am gut 70 Seiten dicken Regierungsprogramm erst gar nicht.

Kein Tusch, kein inszenierter Einmarschapplaus ist eingeplant. Es soll ein Aufbruch in der Sache sein, lautet das Signal bei diesem Landesparteiauschuss, der nun auch das CDU-Regierungsprogramm verabschiedet. Die Premiere dabei: Mehr als 400 Menschen, darunter auch Nichtmitglieder, haben daran mitgearbeitet. Für Julia Klöckner ist dies ein Beweis: Die CDU ist zur "Bürgerbewegung" geworden. Denn das eigentliche Programm, das wird klar, heißt Julia Klöckner. Beim Kampf "um jede Stimme" hat sie "noch Reserven", stellt sie fest. Dabei hält sie den Spannungsbogen in der Hand, um ihre Köpfe im Schattenkabinett nach und nach vorzustellen.

In Ransbach-Baumbach stehen ihre Bildungsziele im Mittelpunkt. Die Politik für die Wirtschaft im Lande beschäftigt dann in einigen Tagen einen Kongress in Bad Kreuznach.

Wichtig ist Klöckner die Botschaft: "Die CDU ist wieder da." Und die Frontfrau spürt Wechselstimmung: "Ganz viele sagen: Klöckner kommt, und Beck muss weg!" Und den sieht die CDU-Frontfrau wegen der Skandale der SPD-Alleinregierung bereits "auf einer Art Abschiedstour durchs Land".

Sie wirft dem Regierungschef vor, Fehler und Affären auszusitzen, während die CDU "aufklärt" und für Fehler der alten Führung die Quittung über 1,2 Millionen Euro wegen illegaler Parteifinanzierung bezahlt. Ihr inszeniertes Kontrastprogramm lautet: Die Klöckner-Garantie, an der sie sich für Wahlversprechen messen lassen will. Dazu gehört, dass sie die Schulden nicht erst 2020, sondern schon bis 2016 abbauen will. Gleichzeitig verspricht sie bessere Ärzteversorgung auf dem Land und mehr Lebensqualität für Senioren. Bei dem Streifzug durchs Programm brandet der größte Applaus auf, als sie "Integration mit klaren Spielregeln" und ein Grundgesetz ohne Rabatt für Muslime fordert.

Symbolisch schließt sie einen "Bürgervertrag mit Rheinland-Pfalz" und setzt ihre Unterschrift unter die Garantien. Da sie beim Fernduell mit Beck um die besten Bildungschancen noch eins draufsetzen will, kündigt sie auch eine flächendeckende Gratis-Hausaufgabenhilfe an, damit Eltern Geld für Nachhilfestunden sparen. Aber die erst mit dem Initiativantrag verankerte Garantie gibt es vorerst nur mündlich: Der Vertrag war schon gedruckt.Extra Der frühere nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet wird als Berater das Wahlkampf-Team der CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz verstärken. Das bestätigte ein Sprecher der NRW-CDU gestern. Er werde jedoch nicht in ein Mainzer Schattenkabinett eintreten, so Laschet.(dpa)

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