Dämpfer für Parteivorsitzende bei der Wiederwahl - CDU-Chefin Merkel verschärft ein bisschen Ton in der Flüchtlingsfrage

Essen/Trier · Die kontroverse innerparteiliche Diskussion über die Bewältigung der Flüchtlingsfrage hinterlässt Spuren: Angela Merkel hat bei ihrer Wiederwahl als CDU-Vorsitzende einen Dämpfer, aber keine Quittung erhalten.

Angela Merkel hat bei ihrer neunten Wahl zur CDU-Chefin auf dem Parteitag in Essen mit 89,5 Prozent deutlich weniger Stimmen bekommen als vor zwei Jahren . Damals kam die seit 16 Jahren amtierende Vorsitzende auf 96,7 Prozent. Auch Merkels Stellvertreter, darunter die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner, büßten bei der Wiederwahl Stimmen ein. Klöckner erhielt am frühen Dienstagabend zwar immer noch das beste Ergebnis aller fünf Vize, verlor aber gut zehn Prozentpunkte gegenüber der Wahl vor zwei Jahren .

Im Gespräch mit unserer Zeitung zeigte sich die 43-Jährige dennoch zufrieden mit ihrem Abschneiden und der Rede Angela Merkels. Die Kanzlerin hat auf dem Essener Parteitag ihren Ton in der Flüchtlingsfrage verschärft, ohne allerdings von zentralen Positionen wie der Absage an eine feste Obergrenze für Flüchtlinge abzuweichen.

Besonders viel Beifall bekam die Kanzlerin für ihre Forderung nach einem Burka-Verbot, wo immer das rechtlich möglich sei. "Bei uns heißt es: Gesicht zeigen, deswegen ist die Vollverschleierung nicht angebracht", sagte die CDU-Chefin. Die CDU will die Burka etwa vor Gericht und im Straßenverkehr verbieten.

Diese Forderung wird von der rheinland-pfälzischen CDU schon länger erhoben. "Ich bin froh, dass Angela Merkel und ich uns in diesem Punkt einig sind", kommentierte die rheinland-pfälzische Parteivorsitzende Klöckner die Aussagen der Kanzlerin zur Flüchtlingspolitik. "Die Positionen hatte ich mit meiner Partei und Fraktion schon frühzeitig erarbeitet."

Merkel betonte auf dem Parteitag in Essen auch, dass sich eine Situation wie die des Spätsommers 2015 nicht wiederholen dürfe. Im vergangenen Jahr waren rund 890.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen . Die Schwesterpartei CSU will eine feste jährliche Obergrenze von maximal 200.000 Flüchtlingen.

Über den Antrag der Trier-Saarburger CDU zum Thema Migration und Flüchtlinge wird auf dem Bundesparteitag am Mittwoch nicht separat abgestimmt. Nachdem der Bundesvorstand seinen Leitantrag in diesem Punkt deutlich verschärft habe, "sind wir damit zufrieden", sagte CDU-Kreisvorsitzender Arnold Schmitt unserer Zeitung (siehe unten). Die Trier-Saarburger Christdemokraten hatten sich beispielsweise für schärfere Grenzkontrollen ausgesprochen. Antrag der Trier-Saarburger CDU

In dem Antrag hatte sich der Kreisverband de facto für eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen und zugleich eine nachhaltige Sicherung der EU-Außengrenzen gefordert. Sollte dies nicht gelingen, hieß es wörtlich, müsse die deutsche Grenze angemessen gesichert werden. Nach Angaben von CDU-Kreischef Arnold Schmitt ist der Antrag in den Leitantrag des Bundesvorstands eingeflossen. "Die von uns geforderten Punkte Schutz der Außengrenzen oder schnelle Rückführung stehen jetzt im noch einmal verschärften Antrag der Parteiführung", sagte Schmitt am Dienstag unserer Zeitung. Damit habe die CDU-Spitze signalisiert, dass man die von den Trier-Saarburger Christdemokraten und anderen geäußerten Bedenken ernst nehme. Für eine deutliche Verschärfung der Abschiebepraxis abgelehnter Asylbewerber hatte sich im Vorfeld des Bundesparteitags auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl starkgemacht. Über den Leitantrag mit der Überschrift "Orientierung in schwierigen Zeiten" wird am Mittwochvormittag abgestimmt. Er dürfte mit großer Mehrheit angenommen werden.
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