Der Auftritt des großen Zampanos

Berlin · Seit geraumer Zeit meidet der CSU-Vorsitzende die Hauptstadt. Nun aber hat Horst Seehofer den Berliner Journalisten ganz entspannt verklickert, wie sie sich den Generationswechsel in seiner Partei vorstellen müssen.

 Horst Seehofer. Archiv-Foto: dpa

Horst Seehofer. Archiv-Foto: dpa



Berlin. Lang, lang ist\'s her, dass Horst Seehofer mal Berliner Journalisten zum Plausch in die bayerische Landesvertretung eingeladen hat. Auf dem medialen Parkett der Hauptstadt hat sich der CSU-Chef mit überregionalem Anspruch rar gemacht. Sieht man mal vom jährlichen Pressefest der Bajuwaren in Preußen vor ein paar Wochen ab. Genau dort versprach Seehofer, zum Rendezvous mit der Journaille wiederzukommen. Am Donnerstagabend war es so weit - der bayerische Zampano hielt Hof.
Es ist wohl eine von Seehofers Stärken, so zu tun, als ob er über den Dingen schwebt und nur das Wohl der Bayern, aber auch irgendwie das der anderen im Sinn hat. Stichwort Länderfinanzen. Das ganze garniert er dann gerne mit einer spitzbübischen Bemerkung, eingebettet in sein berühmtes Lachen mit Schnappatmung. So präsentierte sich der Ministerpräsident. Ziemlich aufgeräumt.
Sein Ruf ist ein anderer: Sprunghaft, rabiat, teilen und herrschen, diese Attribute werden ihm schon länger zugeschrieben. Die Berliner Koalition aus Union und SPD nervt der Christsoziale öfter gewaltig. "Damit kann ich leben", beteuerte er. Er wisse, wie die Medienwelt funktioniere. Zuspitzen und interpretieren. Vielleicht meidet er deshalb inzwischen die Hauptstadt, weil es dort medial deutlich unliebsamer zugehen kann als in München.Erst anfeuern, dann löschen


Aus Seehofers Sicht macht jedenfalls vieles die Runde, was er gar nicht so gemeint hat. Zuletzt der Vorwurf an Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), in der Ukraine-Krise eine "eigene Diplomatie" zu betreiben. Beim Koalitionsausschuss am Dienstagabend sei auch dies "völlig entspannt" besprochen worden, "ausgesprochen freundschaftlich." So, so. Kaum ein anderer Politiker weiß jedoch besser, wie er was wann zu setzen hat, damit es die Nachrichten (mit)bestimmt. Oder damit die Botschaft bei denen ankommt, die es betrifft. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und der Finanzminister Markus Söder kennen das. Sie balgen sich zuallererst um die Nachfolge. Und weil Seehofer daran Vergnügen findet, bringt er gern auch mal einen verlorenen Parteisohn zurück ins Spiel: Karl-Theodor zu Guttenberg. Der zurückgetretene Verteidigungsminister sollte nach dem Willen des Vorsitzenden eigentlich beim CSU-Parteitag in zwei Wochen auftreten, sagte jetzt aber ab. "Die Tür steht auf", sagt Seehofer. Wenn die CSU ihren Mehrheitsanspruch in Bayern erfüllen wolle, dann brauche sie "viele starke Persönlichkeiten". Guttenberg also auch. Aigner und Söder werden sich bedanken.
Erst anfeuern, dann galant löschen, das kann Seehofer exzellent. Kürzlich sagte der 65-Jährige, er wolle für einen geordneten Generationswechsel sorgen. "Aber ich wüsste auch, was ich zu tun hätte, wenn kein ordentlicher Übergang gewährleistet wäre." Der Blätterwald rauschte, der Satz war als Drohung verstanden worden, bei den Landtagswahlen 2018 doch noch einmal antreten zu wollen. War aber auch nicht so gemeint. "Ich will, dass der Wechsel stattfindet", verspricht der Zampano jetzt. Aber bis es so weit ist, fließt sicherlich noch viel Wasser die Isar hinunter.

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