Die Kriegstreiber erhöhen den Druck auf Obama

Washington · Nach einem Gipfeltreffen des israelischen Regierungschefs Ne tanjahu mit US-Präsident Obama scheint die Kriegsgefahr am Persischen Golf eher zu wachsen als abzunehmen. Netanjahu glaubt nicht an die Diplomatie - und will nicht mehr "viel länger" warten.

Washington. Zwei Stunden, länger als ursprünglich geplant, hatten die beiden im "Oval Office" unter vier Augen beraten. Sogar die mit allen Details der Iran-Thematik vertrauten Sicherheitsberater mussten zeitweise den Raum verlassen. Am Ende gab es keine gemeinsame Pressekonferenz - auch, weil zwischen US-Präsident Barack Obama und Isarels Regierungschef Benjamin Netanjahu keine wirkliche Annäherung zu vermelden war.
Freundlicher als beim letzten Treffen im Mai 2011 sei die Atmosphäre gewesen, schildern Regierungsvertreter das Treffen. Doch die Grundpositionen hätten sich im Prinzip nicht angenähert.
Obama versichert Jerusalem zwar pauschal seine Rückendeckung in Sicherheitsfragen, dringt gleichzeitig aber darauf, der Diplomatie und den frisch beschlossenen neuen Sanktionen der EU und der USA noch mehr Zeit zu geben. Worauf Netanjahu zumindest mit dem Zugeständnis reagierte, eine Kriegsentscheidung sei in Israel noch nicht gefallen. Eine Aussage, die vielen Beobachtern nicht besonders glaubwürdig erschien. Denn Ne tanjahu glaubt weiterhin nicht, dass Gespräche mit dem Regime in Teheran Sinn machen - und sieht ein Zeitfenster zum Handeln, das sich schnell schließt.
Besonders deutlich wurde dieser Pessimismus kurz nach dem Ende der Beratungen im Weißen Haus. Vor einer pro-israelischen Lobbyorganisation sagte Netanjahu, Diplomatie und Sanktionen hätten bisher keine Früchte getragen. "Wenn es um das Überleben Israels geht, müssen wir stets Herr unseres Schicksals bleiben."
Diese Aussage deutet darauf hin, dass Netanjahu eines seiner Ziele nicht erreicht hat: die klare Zusicherung Obamas, dass die USA ein Abwarten Israels damit belohnen wollten, bei einem Scheitern der Diplomatie selbst militärisch die Initiative zu ergreifen. Ein Trost ist für Netanjahu, dass Obama bekräftigte, Israel habe das "souveräne Recht" zur Selbstverteidigung.
Laut US-Fernsehsender CNN hat es in der Frage, wann denn der Iran mit seinen atomaren Aktivitäten eine "rote Linie" überschreite, die ein Handeln notwendig machen, keine Übereinstimmung gegeben. Und weit auseinander liegt man weiter auch beim Thema, zu welchen Bedingungen mit dem Iran wieder verhandelt werden soll. Ne tanjahu fordert zuvor eine verifizierbare Einstellung der gesamten Urananreicherung - nach Ansicht des Weißen Hauses eine unerfüllbare Kondition.
Präsident Obama widmete sich unmittelbar nach dem Treffen wieder ganz dem Wahlkampf. Doch auch hier wird ihn das Thema Iran nicht verlassen: Alle republikanischen Präsidentschaftsbewerber - ausgenommen der liberal angehauchte Ron Paul - haben sich zuletzt mit Blick auf die atomaren Ambitionen Teherans als verbale Kriegstreiber betätigt und einen engen Schulterschluss mit dem einzigen demokratischen Verbündeten in Nahost gefordert. Dieser Druck auf Obama, der eine militärische Lösung offiziell nicht ausschließt, wird sich nun noch erhöhen.Extra

Im Streit um das Atomprogramm des Iran soll es bald neue Verhandlungen geben. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte gestern in einem Brief an den iranischen Chefunterhändler Said Dschalili ihre Bereitschaft zu Gesprächen "so rasch wie möglich". Sie antwortete damit auf ein Schreiben Dschalilis von Mitte Februar. dpa

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