Politik Die SPD kämpft für unbefristete Arbeitsverhältnisse

Berlin · Drei Bedingungen stellt die SPD an die Union, um eine große Koalition einzugehen. Der TV stellt die Forderungen im Einzelnen auf den Prüfstand. Heute auf dem Seziertisch: Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Weitere Themen sind das „Ende der Zwei-Klassen-Medizin“ (wie es im Wahlprogramm der Sozialdemokraten heißt) und  eine weitergehende Härtefallregelung für den Familiennachzug von Flüchtlingen.

(vet) Im SPD-Parteitagsbeschluss vom vergangenen Sonntag heißt es: Befristete Arbeitsverhältnisse müssten die Ausnahme sein.

Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hatten im Jahr 2016 rund 4,8 Millionen Arbeitnehmer eine befristete Anstellung – also etwa jeder achte Beschäftigte. „Befristete Beschäftigte erhalten geringere Löhne, haben schlechtere Arbeitsbedingungen, ein erhöhtes Risiko, arbeitslos zu werden und geringere Karriere- und Aufstiegschancen“, fasst DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach die Nachteile zusammen.

Dabei geht ausgerechnet der Öffentliche Dienst mit schlechtem Beispiel voran. Ein Bereich also, in dem der Staat der Arbeitgeber ist. Bei 60 Prozent der Neueinstellungen kamen dort im Jahr 2015 nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit befristete Verträge zum Einsatz. Gemessen an allen Neueinstellungen, also auch in der Wirtschaft, waren es dagegen nur 44 Prozent. Unter den Lehrern und Erziehern arbeiten aktuell 21,2 Prozent befristet. Im Durchschnitt aller Beschäftigten sind es 12,6 Prozent.

Der DIW-Arbeitsmarkforscher Karl Brenke warnt vor Überdramatisierung. So seien unter den insgesamt 4,8 Millionen Betroffenen im Jahr 2016 rund 1,3 Millionen Auszubildende gewesen, „Und deren Verträge sind immer befristet“, erläutert Brenke. Auch müsse etwa die sachgrundlose Befristung als Gegenstück zum eher restriktiven Kündigungsschutzgesetz in Deutschland gesehen werden, gibt Brenke zu bedenken. „Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung wäre eine Einschränkung der Flexibilität in den Unternehmen.“ Als Beispiel nennt er einen Flüchtling, der einen Handwerksberuf hat, aber keinen Abschluss nach deutschen Standards. „Ein Arbeitgeber stellt ihn für ein Jahr ein, um ihn zu testen. Wenn das nicht möglich wäre, würde der Arbeitgeber davon absehen, weil ihm das Risiko zu groß ist“, sagt Brenke.

Diese hatte zweifellos auch die Union im Blick, als sie der SPD- Forderung nach Abschaffung der sachgrundlosen Befristung ein Stoppzeichen setzte. Denkbar wären aber noch kleinere Korrekturen. Bereits im Wahlkampf hatte sich die Union dafür stark gemacht, wenigstens den Missbrauch von sachgrundlosen Befristungen einzudämmen. So könnte man etwa verhindern, dass Beschäftigte eines Konzerns mit immer neuen Arbeitsverträgen von einem Betriebsteil zum nächsten verschoben werden. „Über Maßnahmen gegen die missbräuchliche Anwendung kann man reden“, sagt deshalb der CDU-Sozialexperte Peter Weiß.

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