Europäische Union will alte Kühl-Chemie bei Mercedes kaltstellen

Brüssel · Neuer Ärger für Deutschland aus Brüssel: Die EU-Kommission hat im Dauerstreit um Kühlmittel in Mercedes-Klimaanlagen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik angekündigt. Am Ende könnte nicht nur eine Millionen-Strafe für die Bundesregierung stehen. Möglicherweise müsse Daimler rund 130 000 Autos zurückzurufen, hieß es gestern in der Kommission.

Brüssel. In dem Streit geht es um die von den Unternehmen Honeywell und Dupont produzierte Chemikalie 1234yf in Klimaanlagen. Diese Chemikalie ist die einzige, die den seit 2013 geltenden schärferen EU-Klimaschutzauflagen entspricht. Sie belastet das Klima weitaus weniger als das herkömmliche Mittel R134a.
Der Stuttgarter Autobauer Daimler weigert sich dennoch, das Mittel in seine Klimaanlagen einzufüllen.
Der Grund: Tests des Konzerns haben ergeben, dass es bei einem Unfall zu einem Brand und zum Austreten ätzender Flusssäure kommen kann. Mercedes hatte daher für drei neue Modelle - darunter die neue A-, B- und die S-Klasse - rückwirkend eine alte Typenzulassung beantragt.
Das Ziel: Die Wagen sollten sozusagen über einen Trick älter gemacht werden, damit Daimler weiter das alte Kühlmittel R134a verwenden kann. Es soll schrittweise bis Ende 2016 aus dem Markt genommen werden, um zum Klimaschutz beizutragen.
Und nach EU-Recht müssen Autos, die ihre Typgenehmigung nach dem 1. Januar 2011 erhalten, das weniger klimaschädliche Kältemittel einsetzen. "Die Erweiterung der Typgenehmigung ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zulässig", sagte ein Konzernsprecher gestern. Auch andere Hersteller bedienten sich des Schlupflochs.Alternative in der Entwicklung


Nach Ansicht der Kommission hätte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) die Zulassung aber nicht erteilen dürfen. Daimler brachte nach Angaben der EU-Kommission vom 1. Januar bis Ende Juni 2013 Mercedes-Modelle mit neuer Typgenehmigung, aber dem damals bereits verbotenen alten Kältemittel auf den Markt.
Zu Unrecht, meint die EU-Kommission. Die Behörde hält gar einen Rückruf von gut 130 000 Wagen für möglich. "Wir sehen keine Veranlassung für einen Rückruf", meint der Daimler-Sprecher dazu.
Die Bundesregierung muss nun zu den Vorwürfen Stellung beziehen. Bis zu einer Entscheidung dürfte es noch Monate dauern. "Es ist noch möglich, eine Lösung mit der deutschen Regierung zu finden", betonte Kommissar Tajani gestern.
Falls am Ende keine Einigung gefunden wird, könnte die EU-Kommission Deutschland vor den Europäischen Gerichtshof bringen.
Mercedes will als Alternative zum Kühlmittel 1234yf eine Klimaanlage mit CO als Kältemittel entwickeln. Die Serienreife soll 2017 erreicht sein.

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