Endstation Krankenhaus

Berlin · Wer sich ins Krankenhaus begeben muss, der vertraut auf eine sichere Behandlung und darauf, schnell wieder gesund zu werden. Das gelingt auch in der übergroßen Mehrzahl der Fälle. Laut Krankenkasse AOK sind aber auch Risiken nicht zu unterschätzen.

Berlin. Zu etwa 19 Millionen stationären Behandlungen kommt es jedes Jahr in Deutschlands Krankenhäusern. Nach dem aktuellen Klinik-Report der AOK, der gestern in Berlin vorgestellt wurde, sind dabei an die 190 000 Klinikaufenthalte mit Fehlern behaftet, die aus medizinischer Unachtsamkeit und mangelnder Erfahrung resultieren. "Wenn ein Patient, der eine Medikamentenallergie erleidet, von dieser Allergie wusste, man den Patienten aber nicht nach Medikamentenallergien befragt hat, dann wäre das so ein vermeidbarer Fehler", erläuterte der Gesundheitsforscher und Mitautor des Reports, Max Geraedts. Im schlimmsten Szenario können solche Fehler tödlich enden. Geraedts sprach von etwa 19 000 Sterbefällen jährlich. Das sind fünf Mal so viele wie im Straßenverkehr.
Die Angaben basieren allerdings auf einer Schätzung, die das Aktionsbündnis Patientensicherheit schon vor mehr als sieben Jahren genannt hatte. Gereadts hält sie jedoch immer noch für gültig und eher "konservativ" geschätzt.
Falsche Medikamente


Neben falschen Medikamenten oder Fehlern bei der Dosierung ist besonders mangelnde Hygiene für unerwünschte Komplikationen verantwortlich. Laut Report leiden etwa vier Prozent der Klinikpatienten unter vermeidbaren Infektionen. So banal es klingt, aber oft ist dabei ein unzureichendes Händewaschen von Ärzten, Schwestern und Pflegern die Ursache. Unnötige Risiken entstünden jedoch auch durch eine mangelnde Spezialisierung und Arbeitsteilung der Kliniken, sagte AOK-Vorstand Uwe Deh.
In der Studie wurden dazu die Hüftgelenkimplantationen unter die Lupe genommen. In manchen Kliniken werden pro Jahr nicht einmal 50 entsprechende Eingriffe vorgenommen. In anderen sind es locker über 1000. Am Ende stellte sich heraus, dass das Risiko einer unerwünschten Folgeoperation binnen Jahresfrist in den Kliniken mit den wenigsten Eingriffen um 37 Prozent höher lag als in denen, die Hüftgelenke gewissermaßen am Fließband einsetzen. Bei der Versorgung von Frühgeborenen kommt der Report zu einem ähnlichen Schluss. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, dass Babys mit einem Gewicht von weniger als 1250 Gramm sterben, in Kliniken mit weniger als 15 Frühchen pro Jahr sogar um 87 Prozent höher als in Krankenhäusern mit mehr als 45 solcher Fälle. "Vieles spricht also dafür, dass mit steigender Erfahrung und Routine bessere Ergebnisse erzielt werden", erläuterte der Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, Jürgen Klauber. Deshalb sei Spezialisierung das Gebot der Stunde.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte derweil vor Panikmache: Die Sicherheitsstandards in den Kliniken seien noch nie so hoch gewesen wie jetzt und könnten sich im internationalen Vergleich sehen lassen, meinte ihr Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Die neue Bundesregierung plant die Einrichtung eines "Qualitätsinstituts", um die stationäre Versorgung zu verbessern.

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