Gnadenloser Kampf um die Biertrinker

Trier · Die vom Bundeskartellamt verhängten Bußgelder gegen deutsche Brauereien, darunter auch die Bitburger, treffen die Branche hart. Denn der Preiskampf und der Wettbewerb sind gnadenlos. Währenddessen geht der Bierdurst der Deutschen zurück.

Trier. Der Preiskampf ist gnadenlos: Zwei Kisten Bier für je 9,99 Euro - plus ein Gutschein für den nächsten Einkauf. Oder wer Glück hat, gewinnt beim Kauf einer Kiste einen teuren Grill. Der Einzelhandel verramscht die Premiummarken der großen Brauereien zu Niedrigpreisen, kritisieren Branchenkenner.

Auch Bitburger muss sich dem Preisdiktat der Handelsriesen unterwerfen. Preiserhöhungen sind da nur schwer durchzusetzen. 2008 war das letzte Mal, dass die großen Brauereien an der Preisschraube drehten. Alle gemeinsam erhöhten nach und nach die Preise für die 20er Kiste um einen Euro. Zuvor hatten sie - wie schon 2006 - auch das Fassbier teurer gemacht, um fünf bis sieben Euro je Hektoliter.

Einen Beweis für diese Preisabsprache hat es aber zunächst nicht gegeben. Erst als der Brauerei-Konzern Anheuser-Busch Inbev, der mit seiner Marke Becks auch an dem Kartell beteiligt war, das Kartellamt informiert hatte, kam das Verfahren gegen die großen Brauer wie Veltins, Krombacher, Warsteiner und eben auch Bitburger ins Rollen. Diese Unternehmen machen gut 50 Prozent des deutschen Biermarktes aus. Bitburger belegt in diesem Markt den dritten Platz, weltweit rangiert die Braugruppe aus der Eifel auf Platz 35. "Durch unsere Ermittlungen konnten wir Absprachen zwischen Brauereien nachweisen, die überwiegend auf rein persönlichen und telefonischen Kontakten beruhten", sagt Kartellamtschef Andreas Mundt.

Und genau diese Zwischen-Tür-und-Tor-Absprachen etwa bei Verbandstreffen haben es den Kartellwächtern so schwer gemacht, den Brauern illegale Absprachen nachzuweisen. Ohne die "Kooperation" der betroffenen Unternehmen wäre es wohl schwierig gewesen, hieb- und stichfeste Beweise vorlegen zu können. Seit 2000 gibt es die sogenannte Bonusregelung bei der Bonner Behörde. Teilnehmern eines Kartells kann die Strafe erlassen oder reduziert werden, wenn sie plaudern und damit ein Verfahren in Gang bringen und damit helfen, ein Kartell aufzudecken. Anheuser-Busch Inbev hat davon Gebrauch gemacht und gilt damit als Kronzeuge im Bier-Kartell. Als Belohnung geht der Konzern als einziges Mitglied wohl straffrei aus.

Auch Bitburger hat genau wie die Brauereien Krombacher, Veltins und Warsteiner mit dem Kartellamt kooperiert. "Wir haben seit Kenntnis der Untersuchungen Wert auf eine offene und konstruktive Zusammenarbeit mit den Behörden gelegt", sagt eine Bitburgersprecherin. Immerhin hat das dazu geführt, dass die nun verhängten Geldbußen von insgesamt 106,5 Millionen Euro quasi als Belohnung deutlich reduziert wurden. Bis zu zehn Prozent der Jahresumsätze der betroffenen Brauereien wären als Strafe möglich gewesen.

Trotzdem dürften die Bußgelder den Bierbrauern richtig wehtun. Branchenkenner vermuten, dass mit den Einzelstrafen der Ertrag von ein bis zwei Jahren genommen werde. Bei Bitburger sind schätzungsweise 25 Millionen Euro fällig.
Und das vor dem Hintergrund, dass der Wettbewerb in der Branche knallhart ist. Nirgends in Europa gibt es so viele Brauereien in einem Land wie in Deutschland. 1300 Brauereien verkaufen über 5000 Marken. Und das bei einem stetig rückläufigen Bierkonsum. Tranken die Deutschen vor 20 Jahren im Schnitt noch 130 Liter Gerstensaft pro Jahr, waren es 2012 gerade mal noch 100 Liter. Und der Bierabsatz geht weiter zurück. Zum einen, weil es aufgrund der demografischen Entwicklung immer weniger Biertrinker gibt. Und zum anderen, weil das klassische Bier bei Jüngeren weniger beliebt ist. Außerdem legen immer mehr Menschen auf bewusste und gesunde Ernährung wert. Das Feierabend-Bier passt da nicht hinein.

Das bekommt auch Bitburger (2012 lag der Umsatz bei 774 Millionen Euro) seit Jahren zu spüren. 2012 sank der Gesamtabsatz der Gruppe um 0,6 Prozent auf 7,5 Millionen Hektoliter. Daher sollte bereits damals eine Preiserhöhung den rückläufigen Umsatz ausgleichen. Doch bereits kurz nach der Ankündigung wurde die Preiserhöhung wieder kassiert, nachdem klar war, dass die anderen Brauereien - vermutlich aufgrund des laufenden Kartellverfahrens - nicht mitziehen würden.

Doch in diesem Jahr, das kündigt nun Vertriebschef Werner Wolf, dessen Vertrag gerade erst bis 2019 verlängert worden ist, an, wird Bitburger die Preise anheben. Und von da an jährlich. Mit Menge sei nichts mehr zu verdienen, sagt Wolf. Also müsse an der Preisschraube gedreht werden. Und zwar ohne Absprachen mit den anderen Brauereien.Extra

Zur Bitburger Braugruppe gehören die Marken Bitburger, König Pilsener, Königsbacher, Köstritzer, Licher, Nette und Wernesgrüner. Das Unternehmen zählt mit insgesamt 7,49 Millionen Hektolitern im Jahr 2012 zu den drei größten Braukonzernen in Deutschland. Immer wieder gibt es Verkaufsgerüchte. Doch bislang haben sich diese nie bestätigt. wieExtra

Auf dem deutschen Biermarkt wird mit harten Bandagen gekämpft. Mehr als 1300 Brauereien - große und kleine, bundesweit tätige, regionale und lokale - ringen in einem schrumpfenden Geschäft um Marktanteile, Margen und Umsatz. Seit 2006 ist der Bierabsatz nach Zahlen des Deutschen Brauerbundes rückläufig - von 106,8 Millionen auf 96,5 Millionen Hektoliter. 2013 soll der Absatz erneut zwischen zwei und drei Prozent gesunken sein. Entsprechend ernüchternd fällt für die Brauer der Pro-Kopf-Verbrauch aus: Tranken die Bundesbürger 2006 im Schnitt 116 Liter Bier im Jahr, waren es zuletzt noch 105 Liter. In der Branche arbeiten fast 27 000 Menschen, die einen Jahresumsatz von etwa acht Milliarden Euro erwirtschaften. dpa

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