Coronavirus „Impfgeschenk“ gleich nach Weihnachten

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel lobt Biontech. Und die Opposition kritisiert Priorisierung per Verordnung.

 Ullrich Fleck (links), DRK-Kreisverbandsarzt aus Brandenburg, und Pflegefachkraft Stefanie May (rechts) simulieren eine Impfungbei der Bewohnerin Hildegard beim einem Probedurchlauf „Mobiles Impfen in Pflegeeinrichtungen“ in der DRK-Seniorenbetreuungseinrichtung Saalower Berg.

Ullrich Fleck (links), DRK-Kreisverbandsarzt aus Brandenburg, und Pflegefachkraft Stefanie May (rechts) simulieren eine Impfungbei der Bewohnerin Hildegard beim einem Probedurchlauf „Mobiles Impfen in Pflegeeinrichtungen“ in der DRK-Seniorenbetreuungseinrichtung Saalower Berg.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Lichtblick in der Pandemie: Mit den ersten Corona-Impfungen in Deutschland kann voraussichtlich unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen begonnen werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will an diesem Freitag die Impfverordnung unterzeichnen, in der festgelegt ist, welche Bevölkerungsgruppen zuerst drankommen. Die Opposition kritisierte Spahns Vorgehen erneut und forderte dafür ein eigenständiges Gesetz.

Angela Merkel (CDU) hatte am Donnerstagvormittag einen angenehmen Termin: Per Videoschalte informierte sich die Kanzlerin bei den Gründern des Mainzer Pharma-Unternehmens Biontech über dessen neu entwickelten Impfstoff, der auch international mit großen Hoffnungen verbunden ist. Biontech stehe im „Weltrampenlicht“, und man sei „richtig stolz, solche Forscher im eigenen Land zu haben“, lobte Merkel. Vorstandschef Ugur Sahin verwies darauf, dass das Vakzin in einer Rekordzeit von elf Monaten entstanden sei, aber dennoch eine langen Forschungsvorlauf gehabe habe. Seit Jahren beschäftigt sich das Unternehmen mit dem Botenmolekül mRNA. Ursprünglich wollte man damit einen personalisierten Impfstoff gegen Krebs herstellen. Nun dient mRNA als Grundlage für das Serum gegen Corona. Er sei „zuversichtlich“, dank dieser Entwicklung „im nächsten Winter wieder ein normales Leben“ zu haben, so Sahin. Nach Angaben von Biontech wurden in Großbritannien wegen der dort erfolgten Notzulassung bereits über 140 000 Menschen geimpft. In Deutschland, das von Anfang an auf ein europäisches Vorgehen gesetzt hat, sieht der Fahrplan nun so aus: Nach der für den 21. Dezember erwarteten Zulassung durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA soll zwei Tage später die EU-Kommission grünes Licht geben. Anschließend prüft für Deutschland das zuständige Paul-Ehrlich-Institut die Impfstoff-Chargen. Gibt es keine Beanstandungen, können die Impfungen am 27. Dezember starten. Noch in diesem Jahr stehen dafür 400 000 Impfdosen von Biontech zur Verfügung. Im ersten Quartal 2021 sind es laut Spahn dann elf bis 13 Millionen.

Weil bis Ende März die Nachfrage das Angebot absehbar übersteigen dürfte, muss festgelegt werden, wer zuerst zum Zuge kommen soll. Eine grobe Priorisierung dafür findet sich im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz, das im November in Kraft trat. Genannt werden hier Ältere, schwer Erkrankte, Klinik- und Pflegepersonal sowie Personen, die eine Schlüsselstellung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung haben, also etwa Polizisten oder Feuerwehrleute. Diese Vorgaben will Spahn in seiner Verordnung präzisieren und dabei auch die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission berücksichtigen. Nach einem bereits bekannt gewordenen Entwurf haben demnach Ältere über 80 sowie Pflegebedürftige, Pflegekräfte und medizinisches Personal auf Intensivstationen höchste Impf-Priorität. Eine hohe Priorität wird Personen über 70 und Demenzkranken eingeräumt. Eine erhöhte Priorität gilt unter anderen für Personen ab 60 sowie Lehrer und Mitarbeiter im Einzelhandel.

Die Opposition kritisierte, dass diese auch ethisch sehr schwierige Frage lediglich per Verordnung beantwortet werden soll. Bereits am Mittwoch hatte die FDP der Regierung in einer Aktuellen Stunde des Bundestages vorgeworfen, damit ein Hauruckverfahren zu planen und das Parlament zu übergehen. Gestern wurde das Thema im Plenum erneut debattiert. Dabei pochten die Liberalen auf eine gesetzliche Lösung und brachten dazu einen eigenen Entwurf ein. Unterstützung bekamen sie von Rednern der Linken und der Grünen. Abgeordnete der Regierungsparteien wiesen indes darauf hin, dass die in der FDP-Vorlage aufgeführte Priorisierung im Wesentlichen mit den Regierungsplänen übereinstimme. Außerdem brauche ein Gesetz unnötig viel Zeit. Mit dem FDP-Verfahren würde man frühestens im Februar mit dem Impfen beginnen können, meinte die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar. Bis dahin, so ihre Hoffnung, könnten bereits 1,5 Millionen Menschen in Deutschland die Impfung bekommen haben.

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