Jeder Mitarbeiter zählt

Angesichts des stabilen Aufschwungs in der Wirtschaft müsste uns der zunehmende Bedarf an Arbeitskräften zur Sicherung von Produktion und Aufträgen froh und zufrieden stimmen. Gäbe es nicht das Dilemma auf dem Arbeitsmarkt: Da diskutieren Politiker jenseits der 70 über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre.

Im gleichen Atemzug wird einem 40-jährigen Facharbeiter im Handwerk beim Vorstellungsgespräch lapidar mitgeteilt, er sei für den Posten zu alt. Die Situation ist pervertiert. Doch was ist die Lösung? Wer als Arbeitnehmer mit Anfang 40 Dienst nach Vorschrift schiebt, sich in sein seit Jahren vorgegebenes Arbeitspäckchen vergräbt und auf die Rente mit 50 wartet, verkennt die Herausforderung der kommenden Jahre ebenso wie derjenige Betriebsleiter, der einen 25-jährigen Ingenieur mit abgeschlossenem Hochschulstudium, einigen Jahren Auslandserfahrung und Gehaltsforderungen nicht über 2500 Euro brutto zum sofortigen Arbeitsantritt verlangt. Beide Modelle werden auch künftig nicht mit der Arbeitswelt zu vereinbaren sein. So sind beide Seiten des Marktes gefragt: Lebenslanges Lernen heißt eines der modischen Schlagwörter der Zeit, das bei vielen Arbeitnehmern aber nach dem Gesellenbrief aufhört. Nur wer bereit ist, sich auf neue Techniken, neue Prozesse und neue Kommunikationsformen einzulassen und dafür auch einen Teil seiner Freizeit opfert, wird ein gefragter Mann sein und sich seine Stelle aussuchen können. Umgekehrt werden auch die Betriebe tätig werden müssen, damit nicht auch noch der letzte Hilfsarbeiter zur Konkurrenz flüchtet. Das gilt für die Fünf-Mann-Tischlerei genauso wie für die Mega-Produktion mit 500 Beschäftigten. Weiterbildung sowohl für Ältere als auch für Teilzeitkräfte kostet zwar Geld, lohnt sich aber allemal mehr, als mit gekündigten Mitarbeitern wertvolles Wissen zu verlieren und ohne Erfolg auf Nachfolgersuche gehen zu müssen. Denn das ist vielleicht die wirklich gute Nachricht vom Arbeitsmarkt: Allein eine verstärkte Zuwanderung wird den Fachkräftebedarf im Land nicht decken können. Jeder einzelne Beschäftigte wird mit seinem Wissen, seiner Qualifkation und Erfahrung damit künftig wichtiger für seinen Betrieb werden - vielleicht sogar unverzichtbar. s.schwadorf@volksfreund.de

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