Macho auf Egotrip wird zur Galionsfigur der Tea Party

Washington · Mit einer irrwitzigen Rede ist der Immobilienmogul Donald Trump in den US-Präsidentschaftswahlkampf eingestiegen und hat dafür mächtig Kritik geerntet. Doch beim rechten Flügel der Republikaner kommt seine Art an.

Washington. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich das Foto in den sozialen Netzwerken. Es stammt aus Mexiko und zeigt, innen an einem Hosenbund, ein Stück Stoff mit der Aufschrift "Made in Mexico" neben einem anderen, auf dem steht, dass die Hose für Donald Trumps Kleidungsmarke genäht wurde. Der Milliardär, der mit populistischer Hetze gegen das Nachbarland Mexiko einen Sturm der Entrüstung entfachte, lässt seine Ware also selber südlich des Rio Grande herstellen. "Was für eine Scheinheiligkeit!", rufen seine Kritiker.
Seit er im Juni seine Kandidatur fürs Weiße Haus bekanntgab, bestimmt Trump den Ton des republikanischen Bewerberfeldes, als seien seine Mitbewerber bloße Statisten. Zwar räumt ihm kein seriöser Experte eine reelle Chance ein, dennoch stellt der 69 Jahre alte Baulöwe mit dem markanten Schopf aus weißblondem Haar seine Rivalen derzeit so gründlich in den Schatten, dass man sie in den Medien kaum noch wahrnimmt. Ein Provokateur, der es genießt, die Konkurrenz mit schrillen Parolen vor sich herzutreiben.
Noch immer hallt die fremdenfeindliche Tirade nach, zu der er sich verstieg, als er an den Start des Rennens ging. "Wenn Mexiko seine Leute schickt, dann schickt es nicht seine Besten", dröhnte er. "Sie bringen Drogen, sie bringen das Verbrechen, sie sind Vergewaltiger." Später legte er mit der Twitter-Zeile nach, Jeb Bush habe sicher kein Problem mit illegalen Einwanderern, er sei ja verheiratet mit einer Mexikanerin. Erst versuchte der Ex-Gouverneur Floridas, die Attacke mit kühler Nichtachtung ins Leere laufen zu lassen, dann aber platzte ihm doch der Kragen: Was der Mann über Mexikaner erzähle, sei außerordentlich hässlich.
Die Fernsehsender Univision und NBC setzten Trump den Stuhl vor die Tür, indem sie entschieden, die von ihm vermarkteten Schönheitswettbewerbe "Miss Universe" und "Miss USA" nicht länger auszustrahlen. Nach dem Willen der NBC-Manager soll der New Yorker auch nicht mehr in der Serie "The Apprentice" auftreten, einer Show, in der sich angehende Geschäftsleute von Test zu Test quälen, bis sie mit einem knappen "Du bist gefeuert!" entlassen werden. Die Kaufhauskette Macy's hat ihr Donald-Trump-Sortiment aus den Regalen geräumt, woraufhin der Kandidat dazu aufruft, Macy's zu boykottieren. Univision wiederum überzieht er mit einer 500-Millionen-Dollar-Klage. Der Sender wolle seine Redefreiheit einschränken und damit ein geheiligtes Verfassungsrecht antasten.
Im Übrigen, lässt er großmäulig wissen, hätte er, säße er erst im Oval Office, ein exzellentes Verhältnis zu Wladimir Putin, während sich die Chinesen mit ihrem Export-Dumping warm anziehen müssten ("Mann, was würde China für Ärger bekommen"). Niemand, behauptet Trump, verstehe vom Militär mehr als er. Und was den Arbeitsmarkt angehe, so werde er "der großartigste Präsident sein, den Gott je erschaffen hat".
Ein irgendwie aus der Zeit gefallener Macho auf Egotrip, das alles ist den Amerikanern nur allzu vertraut. Je greller die Inszenierung, umso größer das Interesse - nach der Maxime hat Trump schon immer gehandelt, seit er in Manhattan ins Geschäft mit Edelimmobilien einstieg. Dass er gerade ein altes Postamt in der US-Hauptstadt zu einem Hotel umbaut, nach seinen Worten zum luxuriösesten der Welt, darüber schreibt die "Washington Post" nun sogar auf ihrer Titelseite. Die Masche scheint also zu funktionieren.
Neu ist, dass er seine Show erstmals als Präsidentschaftsanwärter abzieht, in einer Partei, deren Strategen genau wissen, dass sich mit hässlichen Sprüchen gegen Latinos keine Wahl gewinnen lässt. Das Phänomen dabei: Trump hat es geschafft, vom belächelten Außenseiter zum Favoritenschreck zu avancieren, zumindest für den Moment. In den Umfragen liegt er derzeit auf Platz zwei hinter Bush.
Es ist wohl ein Zeichen dafür, dass die populistische Rebellion der Tea-Party-Fraktion mit ihrer nostalgischen Sehnsucht nach dem alten, von weißen Männern dominierten Amerika nach wie vor Wind in den Segeln hat. Der rechte Flügel der Republikaner, in Trump könnte er eine neue Galionsfigur gefunden haben, ähnlich wie vor vier Jahren in Michele Bachmann, einer Kongressabgeordneten aus Minnesota, die Sarah Palin kopierte und in Wirbelstürmen die Rache Gottes an der vermeintlich sorglosen Schuldenmacherei Washingtons sah. Nur dass Trump eigentlich kein Republikaner ist. Das Gros seiner politischen Spenden floss einst an Demokraten, eingeschlossen Hillary Clinton, die den Bundesstaat New York eine Zeit lang im US-Senat vertrat.

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