Null Toleranz

Eine legale Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist weder finanzierbar, noch finden sich Deutsche, die bereit sind, diesen Job zu machen: So oder ähnlich rechtfertigten die Familien pflegebedürftiger Menschen immer wieder die Beschäftigung von illegalen polnischen Senioren-Betreuerinnen.

Und beteuerten fast unisono, dass sie die Ausländerinnen lieber heute als morgen legal einstellen würden - doch leiderexistiere diese Möglichkeit nun einmal nicht. Seit dem 1. Januar ist das anders: Eine Sonderregelung erlaubt es,illegale Pflegekräfte zu legalisieren. Bisher hat allerdings kaum jemand davon Gebrauch gemacht. Sicher, die legale Beschäftigung kommt teurer. Doch sie ist immer noch günstig. Und wer an diesem Punkt der "anders können wir uns das nicht leisten"-Logik folgt, macht es sich zu einfach - und öffnet Schwarzarbeit in jeder Branche Tür und Tor. Weitere Schwachpunkte der Sonderregelung: Die legalen Kräfte sollen ausschließlich als Haushaltshilfe eingesetzt werden, um die pflegenden Angehörigen zu entlasten, nicht aber in der Pflege selbst. Und sie sollen eine 38,5-Stunden-Woche haben. Aber - das haben die Behörden mehr oder weniger offen gesagt: Kontrolliert wird all dies nicht. Über die Gründeeiner solchen Legalisierung des Status‘ quo durch die Hintertür darf spekuliert werden. Fakt ist: Seit Januar kann niemand mehr behaupten, zur Beschäftigung von Betreuerinnen am Fiskus vorbei gezwungen zu sein. Und damit sollte auch das Verständnis der Gesellschaft für diejenigen enden, die diese Option trotzdem wählen. Einverstanden: Es braucht etwas Zeit, bis sich die Möglichkeit der Legalisierung herumgesprochen hat, bis die Betroffenen über das Prozedere informiert sind. Und schließlich ist der Schritt in die Legalität erst beim nächsten Urlaub der Betreuerin möglich, weil ein Besuch bei den Behörden in ihrer Heimat verlangt wird. In einigen Monaten aber muss gegenüber allen, die illegal Betreuerinnen beschäftigen, dieselbe Devise gelten wie gegenüber Schwarzarbeit auf dem Bau oder im Gastgewerbe: null Toleranz. Denn wenn der Staat dann nicht durchgreift, tut er all jenen Unrecht, die sich für den gesetzeskonformen Weg entschieden haben - und macht sich damit unglaubwürdig. i.kreutz@volksfreund.de

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