Nummernschilder scannen, Diebe schnappen

Mainz · Die rheinland-pfälzische Polizei darf künftig Kennzeichen-Lesegeräte einsetzen. Damit verbundene Hindernisse stoßen aber auf Kritik.

Mainz Mehr als 30 Jahre lang hat Wolfgang Schwarz bei der Polizei gearbeitet. Er erzählt, wie es war, als Kollegen nach gesuchten Kennzeichen spähten. Ein Polizist habe nach Fahrzeugen geguckt und Angaben diktiert wie "VW, gelb, Kennzeichen TR …", und so weiter. Der andere Polizist habe mit Bleistift und Papier mitgeschrieben und manchmal in der Hektik gefragt: "Moment, was?" Und schon waren die nächsten Autos vorbeigezischt.
Das ändert sich bald. Mit der Änderung des Polizeigesetzes, an dem Schwarz als Landtagsabgeordneter der SPD mitgewirkt hat, dürfen die rheinland-pfälzischen Beamten künftig elektrische Kennzeichen-Lesegeräte einsetzen. Das Landeskriminalamt arbeite derzeit an einem Konzept, wie die Geräte eingesetzt werden könnten, teilt Steffen Wehner, Sprecher des Innenministeriums, mit. Eine Angabe zu Stückzahlen könne das Land noch nicht machen, da es derzeit Marktschau betreibe, welche Scanner überhaupt infrage kommen.
Polizisten dürfen die Geräte künftig einsetzen, wenn es einen Anlass gibt. Wie einen Terrorverdächtigen, der flüchtet. Aber auch, wenn es konkrete Hinweise auf eine Einbruchsserie gibt oder dreiste Diebe tatsächlich schon Wohnungen geplündert haben, sagt Wolfgang Schwarz. Steffen Wehner ergänzt, Polizisten könnten mobile Geräte an einschlägigen Anreisewegen von Einbrechern aufstellen. Die Nummernschild-Scanner zeigen an, ob verdächtige Fahrzeuge in Fahndungsgebiete eingefahren sind. Die Geräte gleichen erfasste Kennzeichen mit dem bundesweiten Bestand ab und alarmieren die Polizei, wenn ein gesuchter Fluchtwagen auf der Strecke fährt. Christian Soulier, Landesvorsitzender des Bundes der Kriminalbeamten, sagt, besonders ein Raum wie Trier profitiere von den Kontrollen, da Banden schnell über die nahe gelegenen Grenzen fliehen.
Der Trierer stört sich aber daran, dass nach dem Landesgesetz alle Daten unverzüglich gelöscht werden müssen, wenn sie nicht im Bestand auftauchen. Der Kriminalbeamte sieht die Polizei um die Möglichkeit gebracht, genauer zu ermitteln. Er sagt: "Wenn nach Einbrüchen in den Dörfern A, B und C dreimal das gleiche Fahrzeug in der Nähe registriert wird, wäre das ein Anhaltspunkt, um Täter zu schnappen. Doch wenn die Daten mit allen Fahrzeugen schon nach Dorf A zu löschen sind, werden wir nie erfahren, dass das Auto auch bei den Einbrüchen in B und C in der Nähe gewesen ist." Soulier weist in dem Zusammenhang auf eine beliebte Masche bei osteuropäischen Einbrecherbanden hin: "Einige kaufen sich ein billiges Auto, fahren mit dem Nummernschild des alten Besitzers noch einige Zeit herum und begehen Einbrüche." Es vergehe manchmal ewige Zeit, bis der alte Halter das Nummernschild abmelde und die Polizei hinter die Masche komme. Auch in den Fällen erschwere das schnelle Löschen der Daten es, Diebe aufzuspüren. Soulier hofft, dass Daten länger verfügbar bleiben.
CDU-Innenexperte Matthias Lammert wünscht sich dagegen eine Regel wie in Bayern, wo das Land ohne Anlass Kennzeichen prüft. "Die Regel in Rheinland-Pfalz greift zu kurz, weil sie zu wenig Druck ausübt", tadelt er.
Der Landesdatenschutzbeauftragte Dirk Kugelmann verweist darauf, wie wichtig es sei, Kennzeichen-Scanner verfassungsgemäß einzusetzen - und nicht willkürlich. "Ich wäre nicht begeistert, wenn die halbe Bevölkerung einfach so kontrolliert wird." Und: Rheinland-Pfalz kassierte mit den Scannern im Jahr 2008 schon mal eine Niederlage. Das Bundesverfassungsgericht rügte die Video-Erfassung im Land als verfassungswidrig, besonders das lange Speichern der Daten stieß damals auf Widerstand. Die Geräte verschwanden - und tauchen bald in einem neuen, rechtlichen Gewand wieder auf. Kugelmann sagt, diesmal seien die Regeln verfassungskonform.

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