Schießerei in Wildwest-Manier

Trier · Für fünf Jahre will die Staatsanwaltschaft einen 40-jährigen Elektromonteur aus Leiwen ins Gefängnis schicken. Der Mann soll im vergangenen Jahr in einer Kneipe auf Männer aus Polen geschossen haben. Außerdem wurde in seiner Wohnung ein Waffenarsenal gefunden.

Ist er nun der schießwütige Rambo mit rechter Gesinnung, den Staatsanwalt Eric Samel in ihm sieht? Oder ist er tatsächlich der Ruhige, Besonnene, der zwar ein "Sprücheklopfer", aber kein Rechtsradikaler ist, wie sein Verteidiger Thomas Roggenfelder den 40-jährigen alleinerziehenden Vater aus Leiwen bezeichnet?

Seit März steht der Elek-tromonteur vor dem Trierer Landgericht. Er soll am 19. September vergangenen Jahres in einer Kneipe in seinem Heimatort auf drei polnische Männer geschossen haben, die ihn zuvor provoziert haben sollen. Doch nicht nur diese Schießerei, bei der niemand verletzt wurde, die von der Staatsanwaltschaft zunächst aber als versuchter Totschlag gewertet wird, hat den Vater eines neunjährigen Sohnes, auch Mitglied eines Schützenvereins, vor Gericht gebracht. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung im Haus seiner Mutter fand die Polizei ein regelrechtes Waffenarsenal samt Munition. Darunter auch Pistolen aus Wehrmachtsbeständen, eine Pumpgun und Maschinenpistolen. Die Waffen hätten offen in Wohnung, der Scheune und auf dem Dachboden herumgelegen, frei zugänglich für den Sohn wirft Staatsanwalt Samel dem Mann in seinem Plädoyer vor.

20 Zeugen wurden in dem seit neun Monaten dauernden Prozess gehört, etliche Gutachten, darunter auch Schussgutachten von Landes- und Bundeskriminalamt, bemüht. Im Laufe des Prozesses stellte sich aber heraus, dass der Vorwurf des versuchten Totschlags, wonach der 40-Jährige den Tod zumindest eines der Polen billigend in Kauf genommen haben soll, nicht aufrechtzuerhalten war.

Kritik an der langen Verfahrensdauer



Die Verteidiger, Thomas Roggenfelder und Hans Scholzen (Düsseldorf), erreichten beim Oberlandesgericht in Koblenz im August eine Aufhebung der Untersuchungshaft. In der Begründung dafür gaben die Koblenzer Richter unter anderem an, dass die Haft unverhältnismäßig sei. Außerdem kritisieren sie die zu lange Verfahrensdauer und listen dafür minutiös die Dauer einzelner Verhandlungstage auf.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hätte der Prozess durch längere Verhandlungen gestrafft werden können.

Ob der Leiwener aber weiter auf freiem Fuß bleiben kann, wie es seine Verteidiger fordern, oder aber für fünf Jahre ins Gefängnis muss, wie es Staatsanwalt Samel verlangt, wird sich erst einen Tag vor Silvester zeigen. Dann will das Gericht sein Urteil verkünden.

Samel wirft dem Mann vor, an einem Septembersamstag vergangenen Jahres die Kneipe, in der er zuvor mit seinem Sohn war, bewusst wieder aufgesucht zu haben, um sich an den wohl stark betrunkenen Polen zu rächen, die den 40-Jährigen zuvor beschimpft haben sollen. In "Wildwest-Manier" soll er mit einer Kurzarmwaffe in die Kneipe gekommen sein. Nachdem ihm einer der Polen mit einer Kopfnuss eine stark blutende Platzwunde zugefügt habe, soll er die Waffe gezogen und die Männer bedroht haben. Einem nach draußen fliehenden Polen soll er zwei Mal hinterhergeschossen haben, auf einen anderen soll er gezielt und ihn gezwungen haben, sich hinzuknien. Samel sieht darin ein "vorgetäuschtes Hinrichtungsszenario" und spricht von "völlig fehlgeleiteter Selbstjustiz".

Der 40-Jährige hat während des gesamten Prozesses zu den Vorwürfen geschwiegen.

Seine Verteidiger sehen in ihm keinen "kaltblütigen Rambo". Es habe sich auch nicht um einen geplanten Racheakt gehandelt. Sie verweisen auf die "überlange Prozessdauer" und die aus ihrer Sicht zu Unrecht verhängte elfmonatige Untersuchungshaft, als sie für eine zweijährige Bewährungsstrafe plädieren.

Der Prozess wird am 30. Dezember fortgesetzt. Dann soll das Urteil verkündet werden.

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