Schweigen ist Gold

BERLIN. (has) Wenn es nach Datenschützern geht, wird es künftig beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung keinen "Blankobrief" mehr geben, der die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbindet.

Schon im Februar schrieb der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar den Versicherern etwas ins Stammbuch - und das ausgerechnet bei einer Veranstaltung des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft: Die "Schweigepflicht-Entbindungs-Erklärung", die beim Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrages routinemäßig von den Kunden abgegeben werden muss, gehöre endlich abgeschafft. Sie sei mit dem neuen Datenschutzgesetz nicht mehr vereinbar. Zunächst schien es so, als ob Schaars Forderung im Sande verlaufen würde. Doch jetzt signalisiert die Branche dem obersten Datenschützer, der seine Kritik am Wochenende wiederholte, ein erstes Entgegenkommen. 15 Jahre alt ist die Mustererklärung schon, durch die der Patient beim Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrages den Versicherungen erlaubt, seine Daten bei Ärzten oder Zahnärzten einzuholen. Mir der Klausel heben Patienten also "pauschal und zeitlich unbefristet" die Schweigepflicht der Mediziner auf, kritisiert Schaar. "Das ist unzulässig", glaubt der Datenschützer. Die obligatorische Erklärung sei "im Licht des neuen Datenschutzgesetzes dringend reformbedürftig". Gemäß des Gesetzes, das 2003 in Kraft trat, muss aus einer Einwilligungserklärung klar erkennbar sein, welche Gesundheitsdaten von wem zu welchem Zweck erhoben, verarbeitet oder genutzt werden sollen. Diesen Voraussetzungen genüge die derzeit noch verwendete "Blankovollmacht" nicht. Schaar fordert daher eine Streichung der Klausel. Betroffen von der Regelung sind laut Datenschutzbeauftragten 15,6 Millionen Bürger, die neben der gesetzlichen Krankenversicherung auch eine private Krankenzusatzversicherung - etwa für Zahn- oder Chefarztbehandlung - abgeschlossen haben oder rein privat versichert sind. Sie alle hätten einen "Freibrief" für die Datenweitergabe unterschrieben. Unterstützung erhielt Schaar von der Bundesärztekammer: Missbrauch werde Tür und Tor geöffnet, "der Patient verliert jede Kontrolle über seine Daten", bemängeln die Ärzte. Die Versicherungswirtschaft hält dagegen: Die generelle Entbindung von der Schweigepflicht sei dringend erforderlich, hieß es vom Gesamtverband. Würden sich bei der Prüfung einer Arztrechnung Ungereimtheiten ergeben, müsse der Versicherer schließlich für eine zügige Kostenerstattung an den Patienten das Recht haben, beim Arzt nachzufragen. Datenschützer und Ärzte wollen, dass jeder Arzt künftig für jeden Einzelfall eine gesonderte Erklärung vom Patienten einholt. Oder den Antwortbrief an die Versicherung zunächst dem Patienten vorlegt.

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