Aufbruch zum Leben

Als Tiger abgesprungen und als Bettvorleger gelandet. Das Schicksal so mancher Überflieger aus Wirtschaft, Politik, Kunst und Kultur endet in einem Fiasko. Anfangs hochgejubelt, mittendrin gefeiert und beneidet, im Nachhinein zerfetzt.

In Zeiten großer Ratlosigkeit über die richtige Gestaltung von Zukunft neigen wir zu einer ausgemachten Skepsis. Wir tun uns schwer, das Schöne und Gute wahrzunehmen und angemessen zu würdigen. Lieber stimmen wir ein in den Chor derer, die unbedingt alles kleinreden, parodieren oder satirisch bedenken müssen. Kabarettisten und Komiker haben Hochkonjunktur. Unser Selbstmitleid über das vermeintliche Ende des Wohlstands nimmt groteske Formen an. Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, und viel Spott dabei. Wie schaffen wir es, frei zu werden von solchen ex tremen Ausschlägen? Es wird uns nur mit einem Glauben gelingen, der seine Geburts- oder Sterbestunde nicht in Nachrichtenmeldungen hat und der seine Festigkeit nicht durch die tägliche Meinungsmache erlangt.

Morgen ist Palmsonntag. "Jesus zieht in Jerusalem ein, Hosianna! Alle Leute fangen auf der Straße an zu schrein: Hosianna in der Höh!" So beginnt Lied 314 im Evangelischen Gesangbuch. Die alte Gebetsformel aus Psalm 118 "Hosianna - hilf doch!" ist längst Jubelruf geworden. Hätte Jesus an jenem Tag lediglich einen uneingeschränkten Jubel heraushören wollen, so hätte ihn das "Kreuzige ihn!" der Leute wenig später zutiefst verwirren müssen. Doch Jesus Christus weiß um die allgemeine Haltlosigkeit und den Wankelmut der Menschen. Darum hält er am Kreuz fest, um dem Aufbruch danach die begründete Hoffnung zu geben. Mit so einem Vertrauen ins Leben können wir auf Selbstmitleid und Polemik gut und gern verzichten.

Pfarrer Thilo Müller, Hillesheim; Evangelische Kirchengemeinde Gerolstein-Jünkerath.

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