Stadt Kyllburg klagt gegen den Fusionsvertrag

Kyllburg · Der Stadtrat Kyllburg hat am Dienstagabend in seiner Sitzung beschlossen, gegen den Vertrag über die freiwillige Fusion der Verbandsgemeinden Kyllburg und Bitburg-Land zu klagen. Das Ziel: das laufende Gesetzgebungsverfahren des Landes zum Zusammenschluss der beiden Verbandsgemeinden zu kippen.

Stadt Kyllburg klagt gegen den Fusionsvertrag
Foto: Klaus Kimmling

"Genug ist genug." So lässt sich wohl die Stimmungslage im Kyllburger Stadtrat zusammenfassen. Ende September 2012 lehnte der Rat den Vertrag zur freiwilligen Fusion der Verbandsgemeinden Bitburg-Land und Kyllburg ab, den eine Lenkungsgruppe aus Vertretern beider Verbandsgemeinden ausgehandelt hatte. Ohne Konsequenz, da die erforderliche Mehrheit für die Vereinbarung in den 72 Ortsgemeinden der beiden Kommunen dennoch erreicht wurde. Allerdings beschloss das Kyllburger Gremium eine Überprüfung des Vertrags durch ein Anwaltsbüro.

Was bisher geschah: Der Tenor des Gutachtens der Kölner Anwaltskanzlei "Classen, Fuhrmanns und Partner", das Anfang Mai im Rat vorgestellt wurde, ist eindeutig: Der Vertrag sei sowohl inhaltlich als auch in seinem Zustandekommen rechtswidrig (siehe Extra). Der Stadtrat beschloss daher im Mai, das von den Juristen entworfene Schreiben an das Innenministerium weiterzuleiten. Zudem beschloss das Gremium, dieses möglichst rasch auch in der Bürgerzeitung abzudrucken, damit die übrigen Gemeinden über die Bedenken informiert werden. Schließlich sollen alle Gemeinden bis zum 20. Juni bei Land ihre Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf über die freiwillige Fusion abgeben.

Verärgerter Stadtrat: Beide Stadtratsbeschlüsse vom Mai blieben bislang ohne Folgen: Bis zur Sitzung am Dienstagabend hatte die Stadt Kyllburg keine Antwort vom Land vorliegen. Und auch in der Bürgerzeitung wurde die Stellungnahme nicht veröffentlicht. Es habe dagegen innerhalb der Verwaltung Bedenken gegeben, erklärte Wirtz nun in der Sitzung: "Bislang wurden immer nur Ergebnisse aus Ratssitzungen im Mitteilungsblatt veröffentlicht." Allerdings habe man inzwischen mit dem Gemeinde- und Städtebund Rücksprache gehalten und werde das Schreiben abdrucken. "Eine reine Verzögerungstaktik", kritisierte Ratsmitglied Georg Zahnen (CDU).

Die Klage: "Seit zwei Jahren graben wir in der Sache und sind unglücklich", brachte Klaus Burger (CDU) die Stimmung auf den Punkt, "wir haben das rechtlich prüfen und uns unsere Auffassung bestätigen lassen. Ich sehe nur noch die Möglichkeit zu klagen." Dem schloss sich der Rat einstimmig an. Er will gerichtlich feststellen lassen, dass der Fusionsvertrag nichtig ist. Die Kosten für das Gerichtsverfahren stehen noch nicht fest, allerdings wurden dafür in den Haushalt der Stadt Kyllburg vorsorglich 5000 Euro eingestellt.

Noch in dieser Woche wird Rechtsanwalt Lars Störring von der Kölner Anwaltskanzlei einen Antrag auf ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren beim Verwaltungsgericht einreichen. "Das Zeitfenster ist eng, schließlich läuft das Gesetzgebungsverfahren weiter", sagte Störring. Er sieht gute Chancen, dass die Stadt recht bekommt - und dies dann auch Auswirkungen auf den Gesetzgebungsprozess hat: "Das kann politisch nicht ohne Konsequenzen bleiben."

Die Reaktionen: Es sei das gute Recht der Stadt Kyllburg, Klage zu erheben - sagen sowohl Kyllburgs VG-Chef Wirtz als auch Klaus Schnarrbach, Erster Beigeordneter der VG Bitburg-Land. "Man muss jetzt abwarten, zu welchem Ergebnis das Verwaltungsgericht kommt", sagt Wirtz. Schnarrbach sieht die Fusion weiter "auf der sicheren Seite": "Der Entwurf des Fusionsvertrags wurde ja schließlich auch in den Ministerien von Juristen geprüft." Das Innenministerium hielt sich gestern bedeckt: "Der Beschluss des Stadtrates hat erst einmal keine Auswirkungen auf das weitere Verfahren", sagt Pressesprecher Joachim Winkler.

Extra: Das Gutachten

Der Fusionsvertrag ist laut dem Gutachten unter Verletzung des Demokratieprinzips und wesentlicher Rechte der Ratsmitglieder zustande gekommen. Die Besetzung der Lenkungsgruppe, die den Fusionsvertrag vorbereitet hatte, habe nicht dem Stärkeverhältnis der Ratsfraktionen entsprochen. Zudem seien die Verhandlungen stets nichtöffentlich gewesen, so dass grundlegende Informationsrechte der Ratsmitglieder, Ortsbürgermeister und der Öffentlichkeit verletzt worden seien.

Auch sei die umstrittene Sonderumlage von 2,5 Prozent, die die Kyllburger Gemeinden zehn Jahre lang in der neuen VG zahlen sollen, nicht haltbar, weil bis zum Abschluss des Fusionsvertrags jegliches Zahlenmaterial zur finanziellen Lagebeurteilung der beiden Verbandsgemeinden gefehlt habe. Mittlerweile aber liegen die Jahresabschlüsse der VG Kyllburg von 2009 und 2010 vor: Sie weisen statt eines Fehlbetrags ein sechsstelliges Plus aus - so dass die Grundlage für die Sonderumlage nach Überzeugung der Juristen entfallen müsste.
Meinung: Es wird spannend!

Inkonsequenz muss sich der Kyllburger Stadtrat jedenfalls nicht nachsagen lassen. Seit der Fusionsvertrag auf dem Tisch liegt, ist der Rat der Auffassung, dass diese Grundlage zur freiwilligen Bildung der neuen VG Bitburger Land rechtswidrig und damit nichtig ist. Nun gipfelt diese Überzeugung in einer Klage. Eine spannende Geschichte, denn sollte ein Gericht den Vertrag tatsächlich für nichtig erklären, müsste das Land die freiwillige Fusion der beiden Verbandsgemeinden eigentlich abblasen. Denn ohne Vertrag keine Grundlage, auf der die Freiwilligkeit basiert. Mal sehen, ob das Land dann auch so konsequent ist wie der Kyllburger Stadtrat.
n.ebner@volksfreund.de

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