Stahlkolosse und rostende Schienen

Bitburg · Jedes Jahr kosten die Bitburger Schienen den Steuerzahler 70 000 Euro. Und nun verzögert sich der lang ersehnte Verkauf der alten Bahnstrecke. Denn die Stadt und die Firma Amprion, die die Gleise für Trafotransporte benötigt, müssen sich noch über Vertragsdetails einig werden.

Bitburg. Ein von Grün umrahmtes, rostrotes Band windet sich in sanften Schwüngen von Bitburg Richtung Kylltal. Selbst aus dem Weltraum ist die alte Bahnstrecke gut auszumachen. Benutzt wird sie allerdings so selten, dass sich der Betrieb schon lange nicht mehr lohnt.
Nur an besonderen Tagen rollen Personen- oder Güterzüge den Berg hinauf oder hinunter. Und seit feststeht, dass es das internationale Luftdrehkreuz namens Bit-Airport nicht geben wird, ist auch die Hoffnung gestorben, dass die Strecke dank Tausender Tonnen asiatischer Güter eine neue Bedeutung erlangen könnte.
Rund eine Million Euro musste die Stadt seit 2002 zuschießen, um die Gleise zu erhalten. Und jährlich kommen weitere 70 000 Euro hinzu. Trotz dieser beachtlichen Summen ist der Investitionsstau nach Auskunft von Rolf Heckemanns, Leiter der Bitburger Stadtwerke, groß.
Amprion braucht die Strecke


Vor diesem Hintergrund gleicht es einem Wunder, dass es Bitburg gelungen ist, einen Interessenten für die Bahnstrecke zu finden. "Wir haben das große Glück, dass jemand sie kaufen will", sagt Heckemanns.
Die Energie-Firma Amprion benötigt die Schienen nämlich, um bei Bedarf Trafos ins Umspannwerk nach Niederstedem zu transportieren. Und weil die Trafos 200 bis 300 Tonnen pro Stück wiegen, ist dies am besten per Bahn möglich. Amprion hat daher ein großes Interesse daran, dass die Verbindung bestehen bleibt - und nicht etwa zum Radweg umgebaut wird.
Obwohl die Stadt nichts lieber will, als die Schienen schnellstmöglich loszuwerden und Amprion sie definitiv braucht, hakt es derzeit. "Wir hängen an Vertragsdetails", sagt Heckemanns, der den Verkaufsprozess als kompliziert beschreibt. Sind doch neben den Stadtwerken und Amprion auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium, das Eisenbahnbundesamt und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier involviert.
Das Resultat: "Es tut allen sehr leid, aber der Verkauf wird sich verzögern", sagt Heckemanns. Das hat für die Stadt auch finanzielle Folgen. Wie teuer die Verzögerung sie zu stehen kommt, ist unklar.
Vorbereitung für Kylltal aktiv


Aber ein Teil der üblichen 70 000 Euro fällt laut Heckemanns sicher an. Auch deshalb, weil die Strecke gespritzt und von Grün befreit werden muss, um sie auf ein seltenes Ereignis vorzubereiten: Am 20. Juli werden im Rahmen des Raderlebnistages Kylltal aktiv wieder Personenzüge zwischen Bitburg und dem Kylltal pendeln.
Der Werkleiter hofft, dass der Verkauf noch dieses Jahr im Herbst besiegelt werden kann. Über den Kaufpreis lässt sich derzeit nur so viel sagen: Die Stadt wird weder die knappe Million Euro bekommen, die die Strecke 2002 gekostet hat (siehe Extra), noch die Viertelmillion, die als Buchwert eingetragen ist. Denn der Marktwert rostender Schienen fällt wesentlich geringer aus - zumal der Käufer nach Einschätzung Heckemanns erst einmal drei Millionen Euro investieren muss, um dafür zu sorgen, dass das aus dem Weltraum sichtbare, sanft geschwungene Band zwischen Bitburg und dem Kylltal noch lange erhalten bleibt.Extra

2002 hat die Stadt Bitburg die rund sechs Kilometer lange Bahnstrecke zwischen Erdorf und Bitburg gekauft, nachdem die Bahn ihren Güterverkehr nach Bitburg eingestellt hat. Hauptgrund für den Kauf war, dass die Stadt die Verkehrsströme in Bitburgs Süden neu ordnen wollte. Stattdessen muss die Stadt nun sicherstellen, dass der Bahnübergang bewacht wird, sollte ein Zug dort verkehren. Bei dem Erwerb der Bahnstrecke wurde die Stadt 2002 mit knapp 400 000 Euro vom RWE-Konzern unterstützt, der dafür die Garantie bekam, 30 Jahre lang Trafos für das Umspannwerk Niederstedem über die Schienen transportieren zu können. Weitere knapp 400 000 Euro kamen als Zuschuss vom Land. Die Stadt selbst hat gut 200 000 Euro gezahlt. scho

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