Neue Corona-Studie Post-Covid droht vor allem unter 60 Jahren

Düsseldorf · Erschöpfung und Konzentrationsschwäche drohen nicht nur Älteren. „Jüngere Erwachsene sollten sich nicht in Sicherheit wiegen“, mahnt DKV-Chef Clemens Muth. Eine Datenanalyse der privaten Krankenversicherung zeigt, dass auch mittelalte Erwachsene betroffen sind.

 Post-Covid beeinträchtigt den Alltag der Betroffenen sehr.

Post-Covid beeinträchtigt den Alltag der Betroffenen sehr.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Seit über zwei Jahren beherrscht die Pandemie den Alltag. Bund und Länder erwecken den Anschein, die Corona-Krise sei überwunden. Doch das ist nicht der Fall. „Die Pandemie ist nicht vorbei. Covid kann jeden treffen, wir sollten die Krankheit nicht verharmlosen. Es infizieren sich noch immer viele Menschen. Und die Gefahr, nach der Infektion an Post-Covid zu leiden, ist in allen Altersgruppen gegeben“, sagt Clemens Muth, Vorstandschef der DKV Deutsche Krankenversicherung, unserer Redaktion.

Was ist Post-Covid?

Das Robert-Koch-Institut (RKI) bezeichnet Beschwerden als Post-Covid-Symptome, die mehr als zwölf Wochen nach Infektionsbeginn vorhanden sind und nicht anders erklärt werden können. Dazu zählen Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit („Fatigue“), Kurzatmigkeit, Konzentrationsprobleme („brain fog“), Schlafstörungen, Muskelschwäche, depressive Stimmungen, Riech- und Schmeckstörungen. „Die höchsten Zuwächse im Zusammenhang mit Post-Covid sehen wir bei Atemwegserkrankungen, Krankheiten des Nervensystems, Stoffwechsel- und Kreislauf-Erkrankungen sowie bei psychischen und Verhaltensstörungen“, sagt der DKV-Chef. „Der Umgang mit Post-Covid-Patienten stellt die Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Wir brauchen Lösungen für Menschen, die über Monate ausfallen oder erschöpft und nur eingeschränkt leistungsfähig sind.“

Was sind die Ursachen für Post-Covid?

Das ist noch nicht ganz geklärt. Aber es gibt Hinweise darauf, dass chronische Entzündungen und Verschlüsse der kleinen Gefäße (Mikrothromben) sowie Autoimmunprozesse an der Entstehung der Langzeitfolgen beteiligt sind, so das RKI. Es betont, dass Personen mit Post-Covid in der Regel nicht ansteckend seien - es sei denn, sie hätten sich erneut wieder infiziert. Einen Überblick zu Hilfen bieten RKI und die Patientenleitlinie Post-Covid/Long-Covid (www.awmf.org).

Wer ist von Post-Covid gefährdet?

Datenauswertungen der DKV zeigen: „Mittelalte Menschen zwischen 40 und 59 Jahren haben ein erhöhtes Risiko, an Post-Covid zu erkranken. Aber auch Jüngere, die wegen Covid stationär behandelt wurden, erkranken vermehrt an Post-Covid“, so Muth weiter. „Jüngere Erwachsene sollten sich daher nicht in Sicherheit wiegen: Auch wenn das Risiko eines schweren Verlaufs bei Älteren höher ist, können auch sie an Post-Covid erkranken.“ Bei 1400 der über 60.000 DKV-Versicherten, bei denen eine Infektion bekannt sei, sei eine Post-Covid-Diagnose festgestellt. Auch Kinder können erkranken.

Welche Kosten verursacht Post-Covid?

Post-Covid-Fälle schlagen sich auch in den Kosten nieder: „Patienten mit einer Post-Covid-Diagnose benötigen deutlich mehr Krankentagegeld als einfach Covid-Erkrankte. Auch die ersten Kuren werden bereits fällig“, so Muth. „Patienten, die vor ihrer Corona-Behandlung im Krankenhaus durchschnittlich gesund waren, haben im Schnitt auch zehn bis zwölf Monate nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus immer noch mehr als 50 Prozent höhere Krankheitskosten für ambulante und stationäre Behandlungen als vor ihrem Krankenhausaufenthalt.“

Wie gefährdet sind mittelalte Erwachsene grundsätzlich?

Jenseits der Frage von Post-Covid birgt Corona grundsätzlich auch für mittelalte Erwachsene Gefahren, vor allem wenn sie ungeimpft sind. Muth verweist darauf, dass der Anteil der jüngeren Erwachsene in Kliniken steigt: „Im ersten Halbjahr 2020 waren 5,4 Prozent der DKV-Corona-Patienten in Kliniken unter 40 Jahre. Im ersten Quartal 2022 waren es 13,4 Prozent.“ Ohnehin kommen längst nicht nur Vorerkrankte in die Klinik: „Zwei Drittel der DKV-Patienten, die wegen Corona ins Krankenhaus mussten, waren vorher durchschnittlich gesund.“

Wie geht die Corona-Pandemie weiter?

„Der Gipfel der aktuellen Welle ist jetzt klar überschritten, der Infektionsdruck bleibt aber mit mehr als 750.000 innerhalb einer Woche übermittelten Covid-Fälle noch hoch“, schreibt das RKI im jüngsten Wochenbericht. Die Zahl der Intensivpatienten ist zwar gesunken auf 1733 Fälle. Die Belastung des Gesundheitssystems bleibe hoch, weil viel Personal durch Quarantäne und Isolation ausfällt. Muth wirbt für das Impfen: „Nun müssen wir alles daran setzen, über den Sommer mehr Menschen zum Impfen zu bringen. Impfen schützt vor schweren Verläufen und Klinikeinweisungen. Es ist zu vermuten, dass Impfen auch das Risiko verringert, an Post-Covid zu erkranken.“ Laut RKI sind 7,6 Millionen Bürger zwischen 18 und 59 Jahren noch ungeimpft und 2,2 Millionen über 60-Jährige. Der Verlauf der Pandemie hänge auch vom Verhalten der Bevölkerung ab, so das RKI.

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