Kommunalpolitik Einsatz fürs Dorf ohne Parteizwänge

Waldweiler · Aus Frust über die Genossen im Land will Waldweilers Ortschef Manfred Rauber bei Wahlen nicht mehr für die SPD antreten. Jetzt ist er Vorsitzender einer neuen Bürgerliste, die im Mai für den Gemeinderat kandidieren möchte.

 Im Mai stehen die Kommunalwahlen an. In Waldweiler gibt es Wechsel in der Parteienlandschaft.

Im Mai stehen die Kommunalwahlen an. In Waldweiler gibt es Wechsel in der Parteienlandschaft.

Foto: vetter friedemann

Dass er an seiner politischen Arbeit etwas ändern werde, hat Waldweilers Ortsbürgermeister Manfred Rauber schon vor einem halben Jahr angekündigt. Damals erklärte er, bei Wahlen nicht mehr als Bewerber der SPD aufzutreten. In seinem Heimatort wolle er sich aber weiter politisch einbringen. Inzwischen hat Rauber dazu erste Schritte eingeleitet. Mitte Januar hat er mit 31 Mitstreitern die Freie Bürgerliste Waldweiler gegründet. Der Verein will sich am 26. Mai bei den Kommunalwahlen mit einer eigenen Liste für den Gemeinderat bewerben.

Zusammenschlüsse von Bürgern, die keiner Partei angehören, aber gemeinsame Ziele verfolgen möchten, sind auf kommunaler Ebene nichts Ungewöhnliches. Es gibt freie Wählergruppen in vielen Ortsgemeinden. Weniger häufig kommt es wohl vor, dass ein Politiker der eigenen Partei den Rücken kehrt und lieber mit einer unabhängigen Gruppe weiterarbeitet. Dazu sagt Rauber: „Wir möchten die gute Entwicklung im Dorf mitgestalten, ohne parteipolitisches Geplänkel.“ Ein weiteres Ziel sei der Aufbau ehrenamtlicher Angebote nach dem Motto „Bürger helfen Bürgern“. Erste Ideen gebe es schon: „Jüngere Leute könnten zum Beispiel für Ältere die Gartenarbeit erledigen und dafür im Tausch selbst gestrickte Strümpfe oder Ähnliches bekommen.“

Die Eintragung ins Vereinsregister läuft derzeit. Eine Satzung ist beschlossen, ein Vorstand mit Rauber als Vorsitzendem gewählt. Demnächst soll ein Wahlvorschlag für den Gemeinderat erstellt werden. „Wer sich mit unseren Zielen identifiziert, kann jederzeit beitreten“, sagt Rauber. Die bereits erreichte Mitgliederzahl sieht er als Signal für eine „breite Unterstützung“ im Ort.

Er habe lange überlegt, ob er überhaupt noch kommunalpolitisch aktiv sein wolle, sagt der Ortschef. Zu groß sei die Enttäuschung über die „eigenen Leute“ in der Landesregierung gewesen, vor allem bezüglich der Windkraftpläne in Waldweiler. Die Gemeinde hatte sich für eine Windkraftfläche am Teufelskopf eingesetzt, die aber in der Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück liegt. Waldweiler hatte eine Verschiebung der Kernzonengrenze beantragt. Diese – so schildert es Rauber – sei ihm von den zuständigen Ministerien zugesagt worden. Im Frühjahr 2018 kam die Absage. Auch Beuren und Irsch scheiterten mit ähnlichen Anträgen.

Trotz seines Frustes wolle er vorerst in der SPD bleiben und noch einmal mit den „Hauptverantwortlichen in Mainz“ sprechen, sagt Rauber. Bei seiner erneuten Kandidatur als Ortsbürgermeister tritt er aber nicht für die SPD an. Die Freie Bürgerliste, betont er, sei nicht seine Liste, sondern mitgliedschaftlich als Verein mit „neutralem Namen“ organisiert. Das unterscheide sie von den Wählergruppen, die den Namen ihres Listenführers tragen.

Durch die neue Gruppe könnten sich die politischen Kräfteverhältnisse im Gemeinderat verschieben. Bislang hat die SPD fünf Mandate und arbeitet eng mit der Wählergruppe (WG) Wagner (drei Sitze) zusammen. Die WG Krämer (vier Sitze) bildet die Opposition. Mit Rauber sind alle aktuellen SPD-Ratsmitglieder in die neue Bürgerliste gewechselt. Der SPD-Ortsverein ist nun gefordert, genug Bewerber für eine eigene Liste aufzubieten. „Ich bin optimistisch, dass wir das schaffen“, sagt Doris Opitz-Köbernik. Sie hat selbst schon einen Parteiwechsel hinter sich. Vor ihrem Umzug nach Waldweiler hatte sie sich nach den Kommunalwahlen 2009 in Nittel sowie im Verbandsgemeinderat Konz für Bündnis 90/Die Grünen engagiert. Nun will sie sich um den Vorsitz im SPD-Ortsverein bewerben, den Rauber niederlegt. Seine Entscheidung sei „sehr schade“, aber nachvollziehbar. Die Landespartei habe ihn beim Thema Windkraft „im Regen stehen lassen“.

Zwar schwappe die Bundespolitik, wo die SPD derzeit mit niedrigen Umfragewerten zu kämpfen habe, in die Gemeinden hinein, sagt die Sozialdemokratin. Die SPD habe aber nach wie vor ein Wählerpotenzial in Waldweiler. Ihr Ortsverein habe derzeit zehn Mitglieder. Um potenzielle Kandidaten für den Rat zu finden, wolle sie zudem gezielt auf Bürger zugehen. Sollte es so weit kommen, biete sie der Freien Bürgerliste gern ihre Zusammenarbeit an, sagt Opitz-Köbernik. Ihrer Meinung nach habe Parteipolitik auf Gemeindeebene „ohnehin nichts zu suchen“.

Das sieht Wolfgang Reinelt ähnlich. Er gehört zu den SPD-Ratsmitgliedern, die Rauber in den neuen Verein gefolgt sind. „Ich finde es sinnvoll, in kleinen Gemeinden neutrale Dorfpolitik zu betreiben“, sagt er. Viele Bürger könnten sich mit den großen Parteien ohnehin nicht identifizieren. Für Waldweiler habe man viel erreicht – etwa Platz drei auf Landesebene beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ und den Umbau der alten Schule. Er wolle weiter mit dem „sehr engagierten“ Ortschef zusammenarbeiten.

Spannend könnte der Wahlkampf im Dorf deshalb werden, weil sich eine Wählergruppe auflösen wird. „Wir hören alle auf“, teilt Peter Wager von der WG Wagner mit. Mit der neuen Bürgerliste habe dies aber nichts zu tun: „Zufällig gehen bei uns allen zurzeit persönliche Dinge vor.“ Er selbst, 62 Jahre alt, sei seit 30 Jahren Ratsmitglied. „Das reicht, ich will jetzt mehr Zeit für Familie und Enkel haben.“ Seine Mitstreiter stünden aus ähnlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung. Der Freien Bürgerliste räumt Wagner gute Chancen ein. Rauber habe als Ortschef viel bewegt, und bei Gemeindewahlen gehe es eher um Personen als um Parteien. Spannend werde sein, wohin sich die Wähler der WG Wagner bewegten. Für die WG Krämer teilt Fraktionschef Manfred Göttert auf Anfrage mit: „Wir treten auf jeden Fall zur Wahl an.“ Ob unter dem jetzigen Namen, sei noch nicht geklärt.

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