Dorfentwicklung Der Flickenteppich wird ergänzt

Nittel · Die Weinberge im Nitteler Baugebiet Wiesengraben werden nun doch erschlossen – sehr zum Ärger der Nachbarn, die glaubten, „Premiumlagen“ gekauft zu haben.

 Das Nitteler Baugebiet „Wiesengraben“ ist zurzeit ein Flickenteppich. Durch die Einbeziehung der Weinbergsparzellen soll das Gebiet jetzt „abgerundet“ werden. Nicht jedem gefällt das.

Das Nitteler Baugebiet „Wiesengraben“ ist zurzeit ein Flickenteppich. Durch die Einbeziehung der Weinbergsparzellen soll das Gebiet jetzt „abgerundet“ werden. Nicht jedem gefällt das.

Foto: Jürgen Boie

Gleich der erste Tagesordnungspunkt in der ersten Sitzung des Nitteler Ortsgemeinderats nach der Corona-Pause hatte es in sich. Nach Auffassung von Ratsmitglied Timo Litzenberger sollte das Thema Erweiterung des Baugebietes Wiesengraben vertagt werden. Seine Begründung: Für den angestrebten Grundsatzbeschluss fehlten wichtige Informationen. „Wir benötigen eine Kosten-Nutzen-Analyse für die Baugebietserweiterung. Außerdem wissen wir nichts über die Konditionen, zu denen die zusätzlichen Flächen in das Baugebiet integriert werden sollen“, sagte Litzenberger.

Der Hintergrund: Große Teile des Areals sind zurzeit noch Weinberge. Als das Baugebiet vor gut zehn Jahren entwickelt wurde, wollte der größte Grundeigentümer seine Parzellen nicht in das Baugebiet einbringen. Doch nach dem Baubeginn des Supermarkts und einer Gerichtsentscheidung, nach der Teile eines Weinbergs zeitlich begrenzt und gegen Entschädigung für die Bauarbeiten genutzt werden konnten, änderte der Winzer seine Einstellung. Ortsbürgermeister Peter Hein handelte aus, dass die Weinberge ins Baugebiet mit aufgenommen werden können.

Die Anwohner, die in dem Glauben, die betreffenden Weinberge würden dauerhaft nicht bebaut, nach eigenen Angaben höhere Grundstückspreise für die „Premium-Lagen“ bezahlt haben, sind verärgert. Dass der Ortsbürgermeister die Verhandlungen mit dem Winzer während der Corona-Pause ohne Diskussion im Gemeinderat geführt habe, interpretieren sie als „Hinterzimmerpolitik“.

Ortsbürgermeister Hein und die große Mehrheit im Gemeinderat sehen das anders. „Es gab eine Bürgerversammlung, bei der wir zwei Stunden lang über die Problematik diskutiert haben“, argumentiert Hein. Er und andere Gemeinderatsmitglieder erinnerten daran, dass die Weinbergsflächen nach der Ursprungsplanung schon immer Teil des Baugebiets sein sollten. Ingo Müller (UBN) sagte: „Jedem Bürger musste klar sein, dass dort eines Tages gebaut werden kann.“ Stefan Steinbach (SPD) warf den Anliegern „Egoismus“ vor.

Im Publikum saßen einige betroffene Bewohner des Neubaugebiets. Diese reagierten im Gespräch nach der Sitzung enttäuscht und verärgert. „Wir hätten uns gewünscht, dass die Diskussion nicht einfach abgewürgt wird“, meint Anlieger Bernd Lippert. Er empfand die Art, wie informiert und entschieden wurde, als zutiefst undemokratisch.

In der Sitzung selbst versprach Ortsbürgermeister Hein größtmögliche Transparenz. Mit einer Gegenstimme wurde der Grundsatzbeschluss gefällt, dass die bislang nicht zum Baugebiet gehörenden Weinberge nun integriert werden und das Baugebiet somit „abgerundet“ wird. Stefan Steinbach sagte: „Den aktuellen Flickenteppich hat niemand im Gemeinderat gewollt.“

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