Kreis Trier-Saarburg kämpft gegen Hebammenmangel

Konz/Trier · Schwangere, die Beratung suchen, finden sie im Kreis Trier-Saarburg zurzeit in der Sprechstunde mit Geburtshelferinnen in Konz und Trier. Das soll auch so bleiben. Und: Das Angebot könnte sogar auf weitere Orte ausgeweitet werden.

Hebammen sind für junge Eltern, vor allem für Mütter, unverzichtbar. Sie helfen bei der Geburtsvorbereitung, der Entbindung, beim Stillen, bei der Wundversorgung und der Rückbildung. Aber nicht nur deshalb ist der Beruf wichtig. Hebammen erklären, wie das Kind gewickelt wird, und zeigen den Eltern, was zu tun ist, wenn es mit der Verdauung nicht klappt. Vor allem bringen sie riesige Geduld auf, wenn die Eltern mit ihren großen Sorgen oder kleinen Problemchen auf sie zukommen.

Doch: Obwohl es eigentlich ein unverzichtbarer Beruf ist, ergibt eine Umfrage des TV bei den drei rheinland-pfälzischen Hebammenschulen, dass es immer weniger Bewerberinnen gibt (siehe Text unten). Daraus resultiert ein Mangel an Geburtshelferinnen: Die Trier-Saarburger Kreisverwaltung bezeichnet die Versorgungssituation in einer Vorlage für die Sitzung des Sozialausschusses am heutigen Dienstag, 16 Uhr, sogar als "desolat".

Hebammenverband Ute Bösen, erste Vorsitzende des Hebammenkreisverbands Trier-Saarburg und Bitburg-Prüm, bestätigt diese Einschätzung. Sie befürwortet eine 1/1-Betreuung einer Familie von der Geburtsvorbereitung über die Entbindung bis zur Nachsorge durch eine Hebamme.

"Das ist der Idealfall", sagt sie. Davon sei man aber weit entfernt.

Um diese Aussage mit Zahlen zu belegen, erstellt der Hebammenkreisverband laut der zweiten Vorsitzenden Nicole Keipinger zurzeit eine "Landkarte der Unterversorgung" für die Landkreise Trier-Saarburg, Bitburg-Prüm und Bernkastel-Wittlich. Dort werde genau erfasst, wo welche Lücken bestehen. Zurzeit würden die Daten dazu gesammelt.

Plan Um trotz der widrigen Umstände eine Grundversorgung mit Hebammen zu gewährleisten, haben der Kreistag und der Stadtrat Trier 2016 Hebammensprechstunden und ein Infotelefon finanziert. Der Kreis hat 30?000 Euro, die Stadt 5000 Euro bezahlt. Über die Telefon-Hotline sollten Hebammen vermittelt, über die Sprechstunden Eltern beraten werden ("Hebammennotdienst ist für alle da", TV vom 4. Mai 2016).

Während das Telefon mit 81 Kontakten zwischen April und Dezember gefloppt ist, wertet der Kreis die Hebammensprechstunden mit 169 Besuchern in Konz und Trier als Erfolg.

Deshalb empfiehlt die Kreisverwaltung dem Sozialausschuss, den Telefondienst einzustellen und die Sprechstunden in Konz beizubehalten. Dafür sollen 15?000 Euro investiert werden. Die zwölf Hebammen, die sich die Dienste aufteilen, sollen künftig pro Sprechstunde zwei Hausbesuchspauschalen (65,74 Euro) erhalten.

Und das Angebot könnte ausgeweitet werden: Geht es nach der Verwaltung, gibt es künftig Sprechstunden im Kreiskrankenhaus St. Franziskus in Saarburg und im St.-Josef-Krankenhaus in Hermeskeil. "Die Idee ist, dass die beiden Krankenhäuser jeweils eine Fachkraft beschäftigen, die zu festgelegten Zeiten eine Sprechstunde anbietet", heißt es beim Kreis. Zurzeit werde das mit den Kliniken geklärt. Laut Kreis-Sozialdezernent Joachim Christmann hat Saarburg schon zugestimmt.

Diese Lösung sei nach Absprache mit den Krankenkassen sinnvoller als die Festanstellung von Hebammen beim Gesundheitsamt, argumentiert er. Den Vorschlag mit der Festanstellung hatte der Kreistag basierend auf einem Antrag der Grünen-Fraktion einstimmig am 12. Dezember verabschiedet (der TV berichtete). Allerdings hieß es schon damals, dass die nun erfolgte Beratung mit den Krankenkassen abzuwarten sei.

Stadt Trier Laut Ralf Frühauf, Pressesprecher der Stadt Trier, will die Stadt Tirer die Hebammensprechstunden bei Pro Familia fortsetzen. Im städtischen Haushalt würden dazu 2500 Euro bereitgestellt. Mit Blick auf die Zahl der Besucherinnen soll das Angebot bedarfsorientiert beibehalten werden. Frühauf: "Die Notdienste von Ende Juli bis Oktober wurden immer von mindestens zwei bis vier Klientinnen aufgesucht. Tendenz steigend."

Zeiten Sprechstunden in der Beethovengalerie in Konz sind montags, mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr. Die Sprechstunde bei Pro Familia in Trier ist donnerstags von 10 bis 12 Uhr. Feste Telefonzeiten gibt es seit Oktober nicht mehr. Wer den persönlichen Kontakt sucht, kann unter 0651/9496555 eine Nachricht hinterlassen und wird zurückgerufen.
Meinung

Gemeinsam gegen Versorgungslücken

Hebammen sind wichtig. Da sind sich alle einig. Leider ist der Beruf aber unattraktiver geworden - vor allem wegen der Arbeitsverdichtung und steigender Versicherungsbeiträge. Weil es unwahrscheinlich ist, dass sich das in naher Zukunft ändert, ist es besonders wichtig, die verbliebenen Hebammen zu unterstützen und ihre Arbeit möglichst gut zu koordinieren. Da ist der Ansatz des Kreises gut. Wichtig ist es auch, dass der Hebammenverband die Unterversorgung mit Zahlen untermauert. Das heißt: Die Zahl der Geburten muss systematisch in Relation zur Zahl der Hebammen betrachtet werden, um genau zu erfassen, wo es Lücken gibt. Und Lücken können nur geschlossen werden, wenn Hebammen, Politiker und Kliniken an einem Strang ziehen. Das Sahnehäubchen wäre natürlich, wenn die Versicherungen die wahnsinnigen Beiträge wieder senkten. Doch daran glaubt wohl niemand mehr.
c.kremer@volksfreund.de
Weniger Bewerberinnen im Land

Die drei Hebammenschulen in Rheinland-Pfalz bestätigen Probleme.

Mainz/Speyer/Koblenz (cmk) Die Hebammenausbildung in Rheinland-Pfalz ist auf drei Standorte konzentriert: die Uniklinik in Mainz, die Diakonissen in Speyer/Mannheim und das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein in Koblenz. Insgesamt gibt es dort pro Jahrgang rund 45 Ausbildungsplätze.

Die Zahl der Bewerberinnen sei stark zurückgegangen, heißt es bei allen drei Pressestellen auf TV-Anfrage. Trotzdem kommen laut Pressesprecherin Dr. Katja Jewski von den Diakonissen Speyer/Mannheim durchschnittlich jährlich immer noch 300 Bewerberinnen auf die 17 Ausbildungsplätze. Aber: "An unserer Schule war die Bewerberinnenzahl vor einigen Jahren deutlich höher." Koblenz meldet einen Rückgang an Bewerberzahlen um 40 Prozent. Die anderen Schulen sprechen von weniger Bewerbern in den vergangenenen zehn Jahren. Männliche Bewerber als Geburtshelfer gibt es laut den Schulen gar nicht. Dr. Jewski aus Speyer beklagt allgemein: "Es gibt einen Hebammenmangel."

Kerstin Macher, Unternehmenssprecherin des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein, pflichtet ihr bei: "Gerade in ländlichen Regionen fehlt es an Hebammen und Entbindungspflegern." Marion Hahn, Pflegevorstand der Universitätsmedizin Mainz, beantwortet die Frage nach dem Hebammenmangel folgendermaßen: In Ballungsgebieten sehe die Klinik keinen Hebammenmangel. Allerdings komme es auch dort vor, dass freie Stellen in Kreißsälen nicht zeitnah besetzt werden oder Frauen keine Hebammen für dieWochenbettnachbetreuung finden.

Mögliche Gründe für den Mangel an Hebammen machen alle drei Kliniken in hohen Versicherungsbeiträgen für Freiberuflerinnen aus. Der Hebammenverband geht von 570 Euro aus, die allein für die Berufshaftpflichtversicherung für Hebammen anfallen.

Auch die hohe Arbeitsverdichtung mindere die Attraktivität des Berufs, sagt Marion Hahn aus Mainz. Hinzu komme, dass die Zahl der Entbindungsstationen in Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen zurückgegangen sei, sagt Pressesprecherin Dr. Jewski aus Speyer. "Daraus folgt eine hohe Arbeitsbelastung in anderen Geburtskliniken."

Kerstin Macher aus Koblenz beschreibt mögliche Auswege aus der prekären Situation: "Bundesweit versucht man bestehenden Hebammenmangel durch die Eröffnung von Hebammenschulen entgegenzuwirken." Der deutsche Hebammenverband unterstütze diese Entwicklung nicht, sondern empfehle die Kooperation mit bestehenden Einrichtungen.

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