Nicht in diesem Fall. Alexa von Heyden erzählt in "Hinter dem Blau" die Geschichte einer jungen Frau, die sich auf die Suche begibt. Es ist eine schmerzhafte Suche, denn es ist die nach den Gründen für den Selbstmord ihres Vaters, den sie als Fünfjährige miterlebt hat. Es geht um Wut, Trauer und die Frage, wer am selbstgewählten Tod des Familienvaters Schuld ist - seine Depressionen, seine Frau, seine Tochter? Sunny, das Alter Ego der Autorin, stellt sich diese Fragen, als sie ihre Abschlussarbeit zum Thema "Der Selbstmord als Kulturphänomen" schreibt. Es beginnt eine Reise in die Vergangenheit: Sie liest den Obduktionsbericht, kehrt an den Ort des Geschehens zurück, telefoniert mit ehemaligen Kollegen des Vaters. Am Ende stehen viele schmerzhafte Erkenntnisse, aber auch ein neuer Umgang mit dem Tod des Vaters. Unaufgeregt und offen schildert die Autorin, wie sie die unfassbaren Erlebnisse ihrer Kindheit als junge Erwachsene verarbeitet. Dabei verliert sie sich nicht in ausführlichen Schilderungen ihrer eigenen Emotionen. Alexa von Heyden beschreibt einfach nur, was passiert. Sie lässt das, was sie erlebt hat, fast ungefiltert auf den Leser einprasseln. Das ist aufwühlend und traurig - und gleichzeitig mutig und fesselnd. Manchmal wünscht man sich bei diesem Buch eine Stopptaste, weil sich die Ereignisse überschlagen. 187 Seiten sind nicht viel für eine Auseinandersetzung dieser Art. Sie reichen aber, um den Leser aus der Komfortzone zu holen und ihn ordentlich durchzurütteln. Und genau deshalb ist dieses Buch so unbedingt lesenswert. Maren Meißner Alexa von Heyden: "Hinter dem Blau", Eden Books, 193 Seiten, 12,95 Euro. Weitere TV-Kolumnen im Internet: www.volksfreund.de/kolumne