Aufstand der Kronprinzen

MAINZ. Wie in einem antiken Theaterstück geht es derzeit an der Spitze des Landesamtes für Denkmalpflege zu. Helden und Schurken, Verräter und Einflüsterer, Aufständische und Linientreue rangeln um die Frage, wer neuer Chef des Hauses wird. Im Hintergrund steht ein ernsthafter Linienstreit um die Zukunft der Denkmalpflege.

 Leben in antiken Stätten statt musealem Charme: Dafür steht er Leiter von "Burgen, Schlösser, Altertümer", Thomas Metz. Er öffnete auch die Trierer Römerdenkmäler für kulturelle Nutzung. TV-Archiv-Foto: Friedemann Vetter

Leben in antiken Stätten statt musealem Charme: Dafür steht er Leiter von "Burgen, Schlösser, Altertümer", Thomas Metz. Er öffnete auch die Trierer Römerdenkmäler für kulturelle Nutzung. TV-Archiv-Foto: Friedemann Vetter

Thomas Metz ist in der Regel ein gut gelaunter Mensch und ein hoch geschätzter Gesprächspartner. Seit der gelernte Architekt an der Spitze der Abteilung "Burgen, Schlösser, Altertümer" des Landes Rheinland-Pfalz steht, zieht ein frischer Wind durch die Restbestände von Rittern, Römern und Ruinen. In Trier hat der öffentlich bedienstete Manager Amphitheater und Kaiserthermen für die Kultur geöffnet, die Thermen am Viehmarkt zu einem der beliebtesten Kommunikationsorte der Stadt entwickelt. In der Porta Nigra führen Schauspieler die Touristen, selbst die Barbara-Thermen werden ins Leben zurückgeholt. Eine Erfolgsgeschichte sondersgleichen, nicht nur in Trier. Einen "Ermöglicher, nicht Verhinderer" hat OB Helmut Schröer den Herrn über Burgen, Schlösser, Altertümer dankbar genannt. Doch derzeit ist Metz die gute Laune gründlich vergangen, und manchen Gesprächen geht er lieber aus dem Weg. Seit der 50-Jährige zum kommissarischen Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege ernannt wurde und als Favorit für die Nachfolge des in Ruhestand gegangenen Direktors Wolfgang Brönner gilt, ist aus der Behörde ein ungewöhnliches Kesseltreiben gegen den Aspiranten zu vernehmen. Mal wird die fachliche Kompetenz angezweifelt, mal die Unabhängigkeit. Selbst Privatangelegenheiten des Bewerbers kursieren in Amtskreisen. Einen "Aufstand der Kronprinzen" nennt das ein einflussreicher Ministerialer. Formale Beschwerden, Briefe, Klagen: "Da wollten", mutmaßt der Insider "einige Leute erst Unruhe stiften, und hinterher sagen, das Vertrauensverhältnis sei gestört und Metz nicht tragbar". Der Hauskrach hat es schon bis ins Feuilleton der FAZ gebracht, wo dem im Erthaler Hof zu Mainz residierenden Amt schlicht "Chaos" attestiert wurde. Die geplante Personalie zeige "für Denkmalpfleger alter Schule eine bedenkliche Entwicklung". Tatsächlich steckt hinter dem Krach neben enttäuschten Hoffnungen, Eifersüchteleien und Innovationsresistenz auch ein ernsthafter Linienstreit. Es geht um die Frage, wie die Denkmalpflege zukünftig ihre Rolle definiert - und wie sie ihre Existenz sichert. In Zeiten knapper Mittel wächst die Bereitschaft der öffentlichen Hände, die Omnipräsenz der Behörde und ihren bisweilen an Allmacht grenzenden Einfluss zu begrenzen. Manchmal sogar mehr als das: In Baden-Württemberg, Niedersachsen und dem Saarland hat man die eigenständige Einrichtung faktisch abgeschafft. Die Grünen dachten gar laut über die Privatisierung dieser öffentlichen Aufgabe nach. Rheinland-Pfalz ist seit Jahren einen eigenen Weg gegangen, zwischen denkmalschützerischem Fundamentalismus einereits und kulturellem Ausverkauf andererseits. Erfunden und immer wieder propagiert hat ihn die langjährige Kulturministerin Rose Götte. Eine "schwierige Gratwanderung" nennt sie das rückblickend. Man habe den Denkmalschützern den Satz "Das geht nicht" abgewöhnen müssen, aber gleichzeitig darauf geachtet, "dass wir nichts kaputt machen, was uns in der nächsten Generation leid tut". Doch Denkmalschutz müsse heute eben "um seine Akzeptanz kämpfen, indem man zeigt, dass er auch vieles möglich macht". Das klingt wie eine Umschreibung der Metz'schen Philosophie - kein Wunder, hat Götte ihm doch einst den Erfolgsweg von "Burgen, Schlösser, Altertümer" geöffnet. Der zuständige Staatssekretär hieß damals übrigens Joachim Hofmann-Göttig. Er amtiert auch jetzt wieder, was die Hoffnung der Metz-Gegner, das überraschende Aus für den zwischenzeitlichen Staatssekretär Härtel würde anderen Kandidaten zugute kommen, deutlich mindert. Das Ministerium hat denn auch klargestellt, dass es keinen Grund sieht, an der Kompetenz oder Unabhängigkeit eines der drei Endausscheidungs-Kandidaten - darunter Thomas Metz - zu zweifeln. Korrigiert wurde allerdings die Zeitvorgabe für das Finale. Hieß es noch kürzlich, eine Entscheidung sei "in den nächsten Tagen" zu erwarten, spricht das Ministerium nun von "den nächsten Wochen".

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