Beethoven in 3-D, Neutöner im Zug und Abba im Museum

Der chinesische Pianist Lang Lang gilt als weltweit bekanntester Klassik-Künstler nach Luciano Pavarotti. Und der ist bekanntlich tot. Da war es kein Wunder, dass zu Beginn des Jahres bei seinem Wechsel von einem Platten-Label zum anderen eine Ablösesumme von fast zweieinhalb Millionen Euro gezahlt wurde.

Für seine neuen Bosse bei Sony hat er diese Woche seine erste CD herausgebracht, pünktlich zur Funkausstellung, samt "Making of"-DVD, Blue Ray Disc, Download und 3D-Version. Was er eigentlich spielt, interessiert beim Klassikstar der Youtube-Generation weniger. Falls es einer wissen will: unter anderem Beethovens "Appassionata".

Mit High Tech tun sich da manche Theater schwerer, ebenso wie mit dem jungen Publikum im Allgemeinen. Aber sie sind fleißig: 3700 Werke, sagt eine Statistik des Deutschen Bühnenvereins, wurden in der letzten Saison aufgeführt, 200 mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der Uraufführungen stieg mit 609 an. Nur das Publikum blieb beim Alten: Spitzenreiter in dessen Gunst waren, wie seit gefühlten 1000 Jahren, Zauberflöte, Fledermaus und My fair lady.

Mit radikal neuer Kultur versucht es dagegen die Deutsche Bahn. Nein, nicht mit Fahrkultur, sondern mit zeitgenössischer Musik in 15 Großstadt-Bahnhöfen. Neutöner wie Ligeti oder Sciarrino konkurrieren mit Bahnsteig-Getöse. Ein Musik-Zug namens "Sounding D" fährt durchs Land und musiziert vor Ort mit mehr als 100 Ensembles und Solisten. Die Sache nennt sich "Ohrenstrand", Kritiker schrieben aber gelegentlich auch von "Ohrenhölle". Wer sich ein Bild machen will: Der Zug hält am Samstag in Saarbrücken.

Zumindest an diesem Tag ist der öffentliche Raum noch im Besitz der Bürger. Die Architektur-Biennale in Venedig hat hingegen Alarm ausgerufen, weil der öffentliche Raum in Form architektonisch gestalteter Räume und Plätze immer mehr eingeschränkt und kommerzialisiert werde. Dagegen will man nun bis zum 21. November ein Zeichen setzen.

Ein Zeichen ganz anderer Art setzen 36 bekannte Theaterkünstler in Israel: Sie boykottieren das neue Theater in der Siedlerstadt Ariel im Westjordanland - aus Gewissensgründen. Die umstrittenen Siedlungen gelten als völkerrechtswidrig. Rechtsorientierte israelische Politiker drohten im Gegenzug, Theatern, die in den besetzten Gebieten nicht auftreten wollen, die Subventionen zu kürzen.

Subventionen haben die vier Musiker von Abba nie gebraucht, im Gegenteil: Ihre Schlager erwiesen sich als Lizenz zum Gelddrucken. Dennoch haben sie es in den Kultur-Olymp geschafft: Der Stockholmer Stadtrat hat vor wenigen Tagen den Bau eines "Abba-Museums" genehmigt.

Dieter Lintz

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort