"Bilder sind Waffen"

Er gilt als der Foto-Verleger mit der größten Erfahrung aller Zeiten. Zu den Internationalen Photomeetings in Luxemburg kam als Ehrengast der 93-jährige John G. Morris. Morris war unter anderem für die New York Times tätig.

 John G. Morris. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

John G. Morris. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Luxemburg. Die Augen, die über Jahrzehnte entschieden haben, welche Fotos in den wichtigsten Magazinen und Zeitungen Amerikas und der westlichen Welt erscheinen konnten, schauen noch immer genau hin. Aufmerksam nehmen sie hinter der Hornbrille ihr Gegenüber in den Blick. Zu den Internationalen Photomeetings ist John G. Morris nach Luxemburg gekommen. Der 93-jährige Amerikaner, einer der letzten Überlebenden des "Goldenen Zeitalters" der Fotografie ist schon zu Lebzeiten eine Legende. Als Foto-Herausgeber der New York Times und der Washington Post, der Magazine National Geographic und Ladies' Home Journal arbeitete er mit den besten Fotografen seiner Zeit zusammen. Als Mitbegründer der berühmten Pariser Fotoagentur Magnum versorgte er die Welt mit Bildern. Viele der Fotos, die er verlegt hat, sind heute Ikonen, so wie Robert Capas "D-Day Foto", von der Invasion der Amerikaner in der Normandie 1944. Der leidenschaftliche Kriegsfotograf war vielleicht Morris Lieblingsfotograf: "Ich habe Capa unheimlich gern gehabt".

Gefragt nach anderen Favoriten nennt er gleich Henri Cartier-Bresson, von dem er "viel lernte" oder Alfred Eisen staedt. Mit seinen weißen Haaren und im feinen Tuch sieht Morris aus wie der klassische Amerikaner in Paris. Seit 1983 lebt er in der französischen Metropole. "Das Leben in Paris ist angenehm und anregend", sagt er. "New York ist so laut und überfüllt". Der "kenntnisreichste Foto-Herausgeber aller Zeiten", der kaum selbst fotografiert, war zeitlebens ein politisch hoch engagierter Mann. Viele Male hat er Aktionen gegen den Krieg organisiert. Auch in Luxemburg kommt er gleich zur Sache. Fotos haben im Dienst des Friedens zu stehen. 17 Präsidenten hat Morris erlebt. Und so ist auch seine Fotoshow eine Lektion amerikanischer Geschichte in Bildern. Was er davon hält, daraus macht er keinen Hehl. "Reagan war furchtbar." Aber: "Obama ist eine große Hoffnung für Amerika". Auch wenn sie die Welt bislang nicht wesentlich verändert haben, müssen Bilder weiterhin eingesetzt werden, um Unrecht, Elend und Leid zu dokumentieren, fordert Morris. "Bilder sind Waffen", erklärt der amerikanische Ritter der französischen Ehrenlegion. Von der Bilderflut des digitalen Zeitalters hält er wenig, genauso wie von der Möglichkeit, im Web als eigener Herausgeber aufzutreten. "Diese Sintflut schlechter Bilder macht den Blick kaputt und das Sehen oberflächlich", mahnt er. Nichts hat sich dagegen für ihn am Anforderungsprofil für Fotografen geändert. "Ein guter Fotograf braucht Kopf, Herz und gute Augen."

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