Eisenhaltige Nanopartikel als Mittel der Medizin

Trier · SPIO sind eisenhaltige Nanopartikel mit Magnetwirkung, die unnötige Bindegewebsoperationen verhindern und Krebsmedikamente gezielt zum gewünschten Wirkort leiten sollen. Heute stellt die Serie des Deutschlandfunks in Kooperation mit dem Trierischen Volksfreund das Molekül vor.

 Der Chirurg Jens Otto (links) und der Radiologe Nils Krämer aus dem Uni-Klinikum Aachen mit einem SPIO-Netzimplantat. TV-Foto: Peter Winandy/RWTH Aachen

Der Chirurg Jens Otto (links) und der Radiologe Nils Krämer aus dem Uni-Klinikum Aachen mit einem SPIO-Netzimplantat. TV-Foto: Peter Winandy/RWTH Aachen

Trier. Manche Moleküle sind wie Menschen: Sie müssen erst wachgerüttelt werden, bevor man etwas mit ihnen anfangen kann. Zu dieser Materialspezies zählt SPIO, superparamagnetisches Eisenoxid. Wobei das "I" vom englischen Wort für Eisen (Iron) herrührt.
Anders als eine Kompassnadel sind die rostroten Nanopartikel nicht dauermagnetisch, sondern "nur dann, wenn sie sich in einem äußeren Magnetfeld befinden", wie Ioana Slabu erklärt. Sie ist Physikerin am Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik in Aachen.
Diese besondere Eigenart hat zur Verwendung von SPIO als Kontrastmittel bei bestimmten MRT-Untersuchungen geführt, sprich: im Magnetresonanz-Tomographen (MRT). Denn die Großgeräte erzeugen ein äußeres Feld, das Superparamagnete zum Leben erweckt.
´ UN-Jahr der Chemie: Das Molekül der Woche


Die Forscher hoffen, dass Ärzte und Patienten künftig einen noch größeren Nutzen aus der Anwendung von SPIO ziehen können.
So soll der Eisenstaub helfen, die Zahl der OP-Eingriffe nach Bindegewebsbrüchen in Leiste, Bauchwand und Beckenboden zu reduzieren. Dabei implantieren Chirurgen häufig Kunststoffnetze, um die Schwachstellen im Gewebe zu verstärken.
"Weltweit werden jährlich etwa anderthalb Millionen Netz-Implantate verbaut", weiß der Aachener Radiologe Nils Krämer. Doch oft kommt es zu Komplikationen. Die Stütznetze verformen oder verlagern sich. Es gibt Zahlen, wonach jeder dritte Patient deshalb erneut unters Messer muss.
Hier kommt SPIO ins Spiel. In Aachen werden jetzt Netze im Tierversuch erprobt, die mit den superparamagnetischen Partikeln garniert sind. Dadurch kann man die Implantate im — durch sie veränderten — MRT-Bild erkennen. Das dürfte zu einer besseren Beurteilung ihres Verhaltens im Körper führen. Und damit zur Entwicklung von optimierten Netzen, bei denen, so wünscht man es sich, Komplikationen nicht mehr so häufig sind.
Große Chancen für SPIO sehen die Aachener Forscher auch in der Krebstherapie. Denn an die Moleküle lassen sich Chemotherapeutika anheften. "Man kann die Nanopartikel mit den Medikamenten in die Blutbahn spritzen und mit Magnetfeldern an den Tumorort lenken", beschreibt Ioana Slabu die Methode.
Die Stoffe wirkten dann dort, wo sie sollen, ihre Dosis könne geringer ausfallen. "Das wird höchstwahrscheinlich die Nebenwirkungen einer Chemotherapie stark verringern", so die Physikerin.
Auch hier laufen bereits Tierversuche. Am Aachener Helmholtz-Institut wurden spezielle Magnetspulen entwickelt. Sie sind so winzig, dass sie sich zum Beispiel in die Speiseröhre einführen lassen. Dicht am Tumor erzeugen sie dann ein Magnetfeld, das die Nanopartikel mit ihrer Arzneifracht anzieht und am gewünschten Wirkort konzentriert. Nach bisherigen Computersimulationen ist Slabu zuversichtlich, dass das Konzept funktioniert. SPIO würde dann weiter Karriere in der Medizintechnik machen.
Dieser Beitrag läuft am 18. Mai im Deutschlandfunk im Rahmen der Reihe "M3 - Mraseks Molekül-Mosaik", immer mittwochs um 16.35 Uhr in der Sendung "Forschung aktuell". In der Region empfangen Sie den Deutschlandfunk auf UKW 95,4 und 104,6. Weitere Infos im Netz unter www.dradio.de/jahrderchemie

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