Komische Käuze und Dschungelcamper bei Brecht

Ein Maler als Star der Oper: Das gab's selbst bei den Salzburger Festspielen noch nicht so oft. Daniel Richters grell-buntes Bühnenbild mit Fratzen, Winterlandschaften und symbolischen Geschlechtsteilen sorgte bei Alban Bergs "Lulu" in der Felsenreitschule für mehr Aufsehen als die musikalische Umsetzung - obwohl auch Dirigent Marc Albrecht und Titelheldin Patricia Petitbon jede Menge Lob einheimsten.

Mit dabei: Triers Opern-Star Franz Grundheber in der Rolle des komischen Kauzes Schigolch.

Als komischer Kauz gilt manchem auch der Schriftsteller Rolf Hochhuth. Alle Jahre wieder im August gibt es Ärger, weil er aufgrund einer komplizierten vertraglichen Vereinbarung in der Sommerpause das berühmte Schiffbauerdamm-Theater in Berlin bespielen darf. Dort ist ansonsten das noch viel berühmtere "Berliner Ensemble" zu Hause, dessen Chef, Theaterzar Claus Peymann, ein Hochhuth-Stück allenfalls mit der Kneifzange anfassen würde. In diesem Jahr reizte Hochhuth seine Widersacher besonders heftig, indem er ein eigenes frivoles Altwerk unter dem Titel "Inselkomödie" zum Musical umarbeiten ließ, für den "ranzigen Genitalquark" (Die Welt) Dschungelcamp-Sternchen Caroline Beil engagierte und den greisen Johannes Heesters auf die Bühne zerrte. Der daraus entstandene Hauskrach samt Rücktritten und Verbalinjurien machte weitaus mehr Schlagzeilen als die Produktion selbst.

Freilich sind die Zeiten, da man Peymanns "Berliner Ensemble" zu den wichtigsten Bühnen im Lande rechnete, auch schon länger vorbei. Aktueller Titelträger als Schauspielhaus des Jahres ist nach einer Umfrage des Theatermagazins "Die deutsche Bühne" unter seinen Kritikern das Schauspiel Köln. Schon der zweite große Sieg für Intendantin Karin Beier in dieser Saison, nachdem eine Bürgerinitiative im Frühjahr den Abriss des Theatergebäudes verhindert und eine Sanierung durchgesetzt hatte.

Eine Bürgerinitiative gegen miserable Sommer-Fernsehprogramme wäre ganz im Sinn des Leiters des Adolf-Grimme-Instituts, Uwe Kammann. Es sei "eine Unsitte", dass die Sender im Sommer "nur zweite Wahl" sendeten und wichtige Formate einfach ausfallen ließen, "als ob es im Sommer kein Bedürfnis nach Kultur und Debatte gäbe". Der oberste deutsche Fernsehkritiker wünscht sich stattdessen, die Sender mögen das "von ihnen selbst gebohrte Sommerloch" doch lieber "zur Realisierung außergewöhnlicher Programmideen" nutzen.

Außergewöhnlich ist allemal eine Ausstellung in der Kaiserslauterner Pfalz-Galerie. Bis zum 19. September werden dort Werke der 1905 in Dresden gegründeten Künstlergemeinschaft "Die Brücke" ausgestellt. Vertreten sind unter anderem Größen wie Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmitt-Rottluff.

In der Pfalz zahlt man den Eintritt noch bei Betreten der Ausstellung. In Berlin hingegen soll man schon jetzt Tickets kaufen, wenn man ab August 2011 (!) die spektakuläre Ausstellung "Gesichter der Renaissance" in der Gemäldegalerie sehen will - ganz wie bei einem Rockkonzert. Mit mehr als einer Million Besuchern wird gerechnet - der Kartenverkauf im Internet ist eröffnet.

Dieter Lintz

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