Konzerte Kult in der Kulturgießerei

Saarburg · Das zweite Weltmusik-Konzert mit Awa Ly entwickelt eine besondere Dynamik.

 In Saarburg gibt es das Beste vom Senegal über Frankreich nach Italien: Awa Ly in der Kulturgießerei.

In Saarburg gibt es das Beste vom Senegal über Frankreich nach Italien: Awa Ly in der Kulturgießerei.

Foto: Dirk Tenbrock

Es gibt gewisse Künstler, die passen besonders gut in die charmant-morbide Atmosphäre der Kulturgießerei am Staden in Saarburg. Dazu gehört Wade Schuman mit seiner New Yorker Combo Hazmat Modine, und nach ihrem zweiten Konzert innerhalb eines Jahres darf man wohl auch die Franko-Italienerin mit senegalesischen Wurzeln, Awa Ly, dazuzählen. So entsteht Kultstatus, und dieses Gefühl muss zwingend beiderseitig sein: Sowohl die Künstler als auch das Publikum sind dann jedes Mal besonders euphorisiert, man freut sich aufeinander wie auf das Wiedersehen mit alten, liebgewonnenen Freunden. Über 100 Besucher, darunter Dutzende Wiederholungstäter, sind in die Werkhalle der ehemaligen Glockengießerei Mabilon gekommen und wärmen sich mit Saarwein und Sekt. Die Atmosphäre ist locker, freudig-gespannt, es gibt keine Stühle, schließlich wollen die Fans aus der gesamten Großregion hautnah vor der Bühne dabei sein und auch ein wenig tanzen. Das klappt am besten bei den flotten Uptempo-Liedern im Reggae  oder Rock-Rhythmus, wo die Stimme von Awa Ly zur Röhre wird. Wunderschön ihre bluesigen Balladen, die – wie soll es anders sein? – von der Liebe erzählen; in ihrem Fall von erfüllter. Sie bezieht das Publikum ein, lässt singen und tanzen und erinnert die, die gerade nicht verliebt sind, an die vielen Chancen, die das Leben bieten kann. Lebenshilfe durch Soul sozusagen. Die meisten Songs stammen von ihrem neuen Album „Five and a Feather“, das sie am Samstagabend präsentiert. So mystisch wie der Titel ist auch die Musik.

Doch es gibt auch traurige, kritische und politische Töne der 41-jährigen: Mit wütender Verzweiflung erinnert sie an ihren letztjährigen Appell, das Flüchtlingssterben im Mittelmeer zu beenden, und wiederholt diesen – aus gegebenem Anlass – nochmals.

Das Ganze hat durchaus eine psychedelische Wirkung auf die Zuschauer, die vielbeschworenen „good vibes“ sind wirklich spürbar, verklärtes Lächeln all-überall wenn die Künstlerin ins Publikum geht und die Leute anstrahlt. Awa Ly wurde in Paris geboren, lebt aber bereits seit 18 Jahren in Rom, ihre Moderationen in Englisch, Französisch und Italienisch spiegeln den internationalen Charakter ihrer ausschließlich selbst geschriebenen Musik.

Dazu kommen ihre senegalesischen Wurzeln, vor allem die fast rohen Trommel-Rhythmen gehen direkt von den Ohren über den Bauch in die Beine. So entwickelt sich die besondere Magie eines Awa-Ly-Konzertes, mancher würde es Kult nennen.

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