Lichtermeer unterm Silbermond

Volles Animationsprogramm im alten Römerchic: Silbermond hat vor 3500 Zuschauern im Trierer Amphitheater eine sympathische Zwei-Stunden-Show abgeliefert. Der TV präsentierte das Konzert.

 Wehendes Haar und Herzen in Wallung: Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß mit Gitarrist Thomas Stolle. TV-Foto: Willy Speicher

Wehendes Haar und Herzen in Wallung: Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß mit Gitarrist Thomas Stolle. TV-Foto: Willy Speicher

Die Show: Fürs Divenhafte ist Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß nicht zu haben. Sie lässt sich von den Fans auf Händen tragen, gibt sich kumpelhaft und schließt Sätze gerne mit "ne?" (was man auf Trierisch vielleicht mit "gell" übersetzen könnte). Bei "Tanz aus der Reihe" holt sich die 26-Jährige acht Leute aus dem Publikum auf die Bühne, die den Titel mehr oder weniger programmatisch umsetzen. Der Band-Dresscode ist schwarz, aber die Zukunft ist es nicht: Diese Botschaft atmen die Lieder der einstigen Schülerband aus Bautzen. Es geht. Weil's muss.

Kloß erinnert optisch und von der Art her etwas an Nena, auch wenn sie nur gut halb so alt ist. Show-Einlagen und Einbeziehung haben höchste Bedeutung: So wird beim Hit "Symphonie" die Bühne an die Seite verlegt, dicht ans Publikum. Für Comedy-Elemente soll Schlagzeuger Andreas "Nowi" Nowak sorgen. Der darf ein Ein-Akkord-Lied singen, das manche Zuhörer dem Vernehmen nach lustig finden. Unterhaltsam ist die Zwei-Stunden-Show so oder so: Auch ohne sonderlich opulente Lichtshow (für das Lichtermeer sorgen zwischenzeitlich die Fans) oder aufwendige Bühnen-Effekte wird's nicht langweilig.

Das Publikum: Ein Blick nach vorn: Ein Mittdreißiger, schwer tätowiert, mit Armen breit wie Oberschenkel, herzt seine Freundin. Gleich rechts steht der frühere Klassenkamerad, der in der Jugend eher im Slayer-Shirt unterwegs war. Vor der Bühne jubeln, singen, handyknipsen jede Menge Schülerinnen und Schüler. Und oben in den Weinbergen über dem Amphitheater sitzen einige Dutzend Zaungäste, die keine Karten mehr bekommen hatten oder sich die rund 30 Euro Eintritt sparen wollten. Silbermond verbindet: die vielen Fans quer durch die Altersschichten, für die Optimismus und Realität kein Widerspruch sein muss. Diejenigen, die einen Rezeptor haben für offenherzige, unverschlüsselte Balladen und wohldosierten Rock, der selbst in den Metal-Passagen mit Gitarren-Brett und wehendem Haar nie wirklich garstig klingen will.

Das Ambiente: Ein angenehmer Sommerabend ohne Regen, unterm nicht ganz so silbernen Mond: Da gibt das Amphitheater immer eine gute Figur ab. 3500 Zuschauer sind da, mehr passen nicht rein. Für die alte Römerarena ist's ein Mini-Jubiläum: Vor zehn Jahren gab es dort mit Toto das erste Rock-Open-Air. Danach spielten unter anderem Die Fantastischen Vier, In Extremo oder BAP im Amphitheater.

Das Programm: Die Scorpions und Silbermond mag nicht allzu viel verbinden - eines aber schon: Man assoziiert beide Bands gerne und vornehmlich mit Balladen, obwohl das musikalisch jeweils nur einen kleinen Ausschnitt wiedergibt.

Silbermond verstehen sich auf Herz/Schmerz. Klar, dass die handwerklich sehr fitte Band alle Hits im Programm hat. Ein Liebeslied wie "Das Beste" mag musikalisch nah am Schlager und textlich hart an der Kitsch-Grenze sein - aber die Zyniker und Berufspessimisten sind an diesem Abend auch nicht im Amphitheater. Die sieht man sonst ja auch oft genug.

Jenix, die Vorgruppe von Silbermond, spielt am 12. November erneut in Trier (toni, Domfreihof).

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