Magischer Moment macht Musikgeschichte

Zeitreise in die 80er Jahre, aber ohne Melancholie: Der irische Sänger Chris de Burgh, inzwischen 60 Jahre alt, begeisterte 3800 Fans in der Arena in Trier, präsentiert vom Trierischen Volksfreund.

Trier. Chris de Burgh nur als 80er-Jahre-Pop-Legende zu bezeichnen greift eigentlich nicht. Denn sein Alter - er wird am 15. Oktober 61 Jahre - zeigt, dass er schon vor seinem großen Durchbruch mit dem Album "The Getaway" (1982) in Deutschland irgendwas gemacht haben muss. Tatsächlich: Schon 1974 veröffentlichte der britische Diplomatensohn Christopher John Davison sein erstes Album "Far Beyond These Castle Walls". Bereits damals komponierte und textete er selbst, wollte mit seinen Liedern Geschichten erzählen. Es brauchte aber fast ein Jahrzehnt, bis seine Songs in Deutschland im Radio rauf und runter liefen. Es ist die Zeit, in der er den Mädchennamen seiner irischen Mutter, de Burgh, annimmt. Da beginnt die Chris-de-Burgh-Euphorie im Land, deren fulminantes Echo die Fans wiederum 20 Jahre später in der Arena erneut erleben. Schlicht, in weißem Hemd mit hoch gekrempelten Ärmeln und dunkler Hose, kommt de Burgh auf die Bühne. Charmant plaudert er über seine Gast-Stadt Trier und moderiert den ersten Teil des Konzerts, in dem er seine aktuelle CD "Foot steps" mit Cover-Versionen von berühmten Popsongs vorstellt.

"Living Hosen" statt "toten Hosen"



Besonders eindrucksvoll: "The long and winding road" von den Beatles, ein getragenes, melancholisches Lied. Bei "Can't live without You" betont de Burgh, er müsse enge Hosen tragen, damit die hohen Töne gelingen, oder besser "living hosen" statt "toten Hosen" anziehen - ein kleiner Seitenhieb auf Berufskollegen. Freilich hat er den einen oder anderen Song seiner aktuellen Stimmlage entsprechend heruntertransponiert, setzt aber immer noch Akzente mit seiner einzigartigen Falsett-Stimme. De Burgh zeigt sich publikumsnah, läuft mit Mikrofon - zum Entsetzen der Sicherheitsleute - durch die Menge, herzt vorwiegend weibliche Fans und singt ihnen "Lady in red" ins Ohr. Sein volles Talent spielt er dann aus, wenn er sich selbst, ohne Band, mit Gitarre oder Piano begleitet. Das wirkt überzeugend, authentisch. Besonders emotional wird es bei "Borderline", einem Anti-Kriegs-Lied. Spontan steht das Publikum bei einer langsamen Stelle auf und applaudiert. Chris de Burgh verschlägt es die Sprache. Sichtlich gerührt bedankt er sich - und spielt das Lied zu Ende. Es ist ein magischer Moment, in dem selbst der hartgesottenste Kritiker spürt, dass da etwas geschieht zwischen Künstler und Publikum: Die Verbundenheit und auch die Demut des Künstlers seinen Fans gegenüber wird greifbar. Im zweiten Teil nimmt das Konzert mehr Tempo auf. Nach einigen unplugged-Songs, bei denen ihn seine Band mit akustischer Gitarre, Flügel und Kongas begleitet, baut sich der dramaturgisch geschickt eingefädelte Höhepunkt auf. Die alten Hits "Ship to shore", "Don't pay the ferryman" und "High on emotion" bringen schließlich die Halle zum Kochen. Die Fans erheben sich von den Sitzen, strömen nach vorne und rocken mit ihrem Star. Chris de Burgh hat es auch nach über 20 Jahren geschafft, ein fulminantes Konzert hinzulegen. Langer Applaus für einen Musiker, der immer noch Musikgeschichte schreibt.

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