Museum am Dom zeigt, warum Nero Christen verfolgen ließ

Trier/Rom · Nach dem Brand Roms brauchte Nero einen Sündenbock. Die Christen mit ihren aus römischer Sicht merkwürdigen kannibalistisch-sexuellen Ritualen kamen dem Kaiser da gerade recht. Ab dem 14. Mai zeigt das Museum am Dom in Trier, wie die Christenverfolgung begann.

 Christen wurden unter Kaiser Nero in der Arena wilden Tieren ausgeliefert. Fotoreproduktion nach dem Gemälde „Das letzte Gebet der christlichen Märtyrer“ von Jean-Léon Gérome 1863-1883. Foto: Museum am Dom Trier

Christen wurden unter Kaiser Nero in der Arena wilden Tieren ausgeliefert. Fotoreproduktion nach dem Gemälde „Das letzte Gebet der christlichen Märtyrer“ von Jean-Léon Gérome 1863-1883. Foto: Museum am Dom Trier

Foto: (g_kultur

Trier/Rom. Er hat Christen an Pfähle gebunden, angezündet und seine Gärten mit ihnen erleuchtet. Auch das Licht in der Arena, wo Nero seine waghalsigen Wagenrennen fuhr, sollen menschliche Fackeln gespendet haben. Andere, die nur noch an einen einzigen Gott glauben wollten, ließ er in Tierfelle nähen, um sie den Hunden vorzuwerfen. "Nero ist der Prototyp des Christenverfolgers. Er war der Erste, und er war der Schrecklichste", sagt Markus Groß-Morgen, Leiter des Museums am Dom, das sich ab dem 14. Mai im Rahmen der großen Nero-Ausstellung mit Nero und den Christen auseinandersetzt.

Dass dieses Verhältnis - milde formuliert - angespannt war, hatte erstaunlicherweise nur wenig mit religiösen Überzeugungen zu tun. Denn darum ging es Nero gar nicht. Er brauchte nach dem Brand Roms einen Sündenbock. Spürte er doch, wie schlecht es sich für seine Regentschaft machte, dass das Volk ihn für den Brandstifter hielt.
Die Ausstellung zeigt auch, warum Christen sich hervorragend als Sündenbock eigneten. Erstens: Sie waren eine noch junge Minderheit. Und Minderheiten sind immer gute Sündenböcke. Zweitens: Sie taten Dinge, die Römer nicht verstanden. Und was anders ist, ist oft suspekt. Dass Christen Brot aßen, welches sie als Leib Christi bezeichneten, verlieh ihnen kannibalistische Züge. Hinter dem Gebot der Nächstenliebe witterte so mancher Römer laut Groß-Morgen sexuelle Ausschweifungen. Viel schlimmer aber noch war, was die Christen nicht taten: Sie opferten nicht. Sie stimmten die Götter nicht milde. Sie gaben ihnen nichts, was die Götter im Gegenzug dazu bewegt hätte, den Staat und seine Menschen zu schützen. Kurz: Sie gefährdeten das Gemeinwohl. Der römische Historiker Tacitus deutete diese Weigerung der Christen, Götteropfer zu bringen, gar als Hass auf das Menschengeschlecht.

Götteropfer und Märtyrer

Die Ausstellung zeigt, wie wichtig Götteropfer waren: Zu sehen sind römische Papyri, die bescheinigen, dass ihr Besitzer das allgemeine Opfergebot befolgt und den Göttern an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit vor Zeugen Geschenke dargebracht hat. Zu sehen ist auch ein sehr seltenes Stück: ein in eine Hauswand eingeritztes römisches Graffito, das einen Gekreuzigten mit Eselskopf zeigt. Ein Spottkruzifix, mit dem sich Römer über die merkwürdigen Vorstellungen der Christen lustig machten. Wie viele Christen Nero töten ließ, ist unbekannt. Ein paar Hundert, schätzt Groß-Morgen. Insgesamt sei die Zahl der Jesusjünger, die im gesamten Römischen Reich ermordet wurden, mit 5000 bis maximal 10 000 überraschend niedrig.

Natürlich widmet sich die Ausstellung auch diesen Märtyrern, darunter zwei Stars der Szene - die beiden wohl bekanntesten Christen, die unter Nero ihr Leben ließen: Petrus und Paulus. Eine Altarretabel aus Aachen zeigt, wie die beiden der Legende nach das Missfallen des Kaisers auf sich zogen: Ein Zauberer namens Simon Magus, den Nero sehr schätzte, war aufs Dach des Kapitols gestiegen, um zu zeigen, dass er fliegen kann. Petrus bezwang mit der Kraft seines Gebets die Dämonen, die Simon fliegen ließen, sodass dieser abstürzte und starb. Das missfiel Nero der Legende nach so sehr, dass er Petrus kopfüber kreuzigen und Paulus enthaupten ließ.

Auch ein Trierer Martyrium, das es laut Groß-Morgen wahrscheinlich gar nicht gab, ist Teil der Ausstellung. Nach mehr als 200 Jahren findet ein Schrank, der einst zur Abtei St. Maximin gehörte, aus Nancy seinen Weg wieder nach Trier. In Wachsfiguren ist auf diesem Schrank ein Gemetzel unter Diokletian dargestellt, das die Mosel bis Neumagen rot gefärbt haben soll. Auch dies eine Legende, aber "ein tolles Stück", schwärmt der Museumsdirektor, dessen Haus im gesamten Erdgeschoss auf 800 Quadratmetern rund 130 Objekte zeigt.
Einige davon erinnern auch an Kaiser Konstantin, der den Christen im Jahr 313 nach mehreren blutigen Jahrhunderten Religionsfreiheit zusicherte. Ein Happy End jedoch gibt es nicht. Noch immer werden religiöse Minderheiten verfolgt. Weil sie an etwas glauben, das andere nicht verstehen. Weil sie anders sind. Nicht nur die Verfolgungen des ersten Jahrhunderts, auch jene des 21. Jahrhunderts sind Thema der Ausstellung. Nero war nur der Erste und vielleicht Schrecklichste, der Christen ermorden ließ.Extra

Museum am Dom zeigt, warum Nero Christen verfolgen ließ
Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Seit die Bibel geschrieben wurde, gibt die Zahl 666 den Menschen Rätsel auf. Erstmals taucht sie in der Bibel-Apokalypse, Offenbarung des Johannes (Offb. 13,18) auf. Dort steht geschrieben: "Hier ist Weisheit! Wer Verstand hat, der überlege die Zahl des Tieres; denn es ist die Zahl eines Menschen, und seine Zahl ist sechshundertundsechsundsechzig". Eine gängige Interpretation dieser Bibelstelle ist, dass es sich um eine verschlüsselte Form des Namens Nero handelt, in dem viele das in der Offenbarung beschriebene Tier sehen: Wenn man "Kaiser Nero" (Neron Kesar) mit griechischen oder hebräischen Buchstaben schreibt, die damals auch als Zahlen dienten, und diese Zahlen dann addiert, so ergibt dies die Summe 666. Nach Neros Tod im Jahr 68 entstand eine Legende, die besagte, der Kaiser würde von den Toten zurückkehren. Viele Christen sahen in ihm den Antichristen. Mos Unter dem Titel "Kaiser, Künstler und Tyrann" beleuchten drei Trierer Museen vom 14. Mai bis zum 16. Oktober sämtliche Facetten des römischen Kaisers. Das Rheinische Landesmuseum widmet sich der historischen Persönlichkeit, das Museum am Dom nimmt die Christenverfolgung in den Blick, und das Stadtmuseum Simeonstift (Bericht folgt) zeigt, wie die Nachwelt Neros Leben künstlerisch aufgearbeitet hat. Die Organisatoren rechnen mit 150 000 Besuchern. Mos

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