Ein Tastenlöwe ist Robert Levin ganz sicher nicht. Wenn er sich in der Philharmonie vor 1300 Besuchern an die Kopie des historischen Graf-Flügels setzt, dann scheint es, als säße ein hochsensibler Musikgelehrter an der Tastatur. Robert Levins Musizieren ist nicht laut und nicht demonstrativ, nicht selbstdarstellerisch und nicht ichbezogen aber durchdacht und originell zugleich. Den berühmten leisen Einstieg zu Beethovens 4. Klavierkonzert nimmt er leichthändig, fast beiläufig. Die Passagen, die Dreiklangsbrechungen, die Läufe im Solopart wirken planvoll unscheinbar und leger. Die Kadenzen und einige Übergänge entwickelt er aus dem thematischen Material (statt nur Beethovens Kadenzen abzuspielen). Immer wieder leuchten die Schönheiten dieses Werks. Der langsame Satz - welch\' zarte, lyrische Innigkeit! Das Finale - welch\' ausgelassene Eleganz! Beethovens G-Dur-Konzert entfaltete unter Levins Händen eine herrliche Spannweite zwischen Träumerei und komödiantischem Witz. Und mit der Chambre Philharmonique unter Emmanuel Krivine war ein Orchester dabei, das seine Ideen perfekt mitvollzieht.
Für die Chambre Philharmonique ist das historische Instrumentarium ebenso wenig Behelf wie für Levin. Die einleitenden Akkordschläge in Beethovens "Coriolan"-Ouvertüre entfalten bei ihnen eine atemberaubende Dramatik. Es ist ein Beethoven unter Hochspannung, aber ohne das schreiend Laute, Aufdringliche traditioneller Interpretationen. Und Schuberts 3. Sinfonie - auf den historischen Instrumenten gewinnen die Klangfarben des Werks eine ungeahnte Leuchtkraft. Krivine treibt zudem alle biedermeierliche Gemütlichkeit aus und entdeckt im wirbelnden Finale den Rossini in Schubert. mö
Weitere Konzerte mit Robert Levin in der Philharmonie am 18., 20. und 21. April