Strafe für Whistleblower? - Zeugen: „Luxleaks“ haben illegale Steuerpraktiken in der EU beendet

Luxemburg · Die Enthüller der Steuerpraktiken in Luxemburg haben dem Gemeinwohl einen Dienst erwiesen und zur Beendigung illegaler Praktiken in der EU beigetragen: Das versicherten Zeugen vor einem Gericht im Großherzogtum. Dort droht den Whistleblowern Strafe.

Im Prozess um die "Luxleaks"-Veröffentlichungen über Steuerdeals für internationale Konzerne in Luxemburg haben Zeugen der Verteidigung die Bedeutung der Enthüllungen für das Ende illegaler Steuerpraktiken in der EU betont. "Ohne die Whistleblower (Hinweisgeber) und die Luxleaks hätten wir keine Änderung illegaler Praktiken und keine Änderung des europäischen Rechtsrahmens gehabt", sagte der Finanzexperte der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, am Donnerstag vor dem Bezirksgericht in Luxemburg.

"Die Luxleaks haben uns gezeigt, dass internationale Firmen die Steuersätze auf ein sehr niedriges Niveau senken konnten", sagte Tove Ryding, eine Steuerexpertin des Europäischen Netzwerks für Verschuldung und Entwicklung (Eurodad). Die zunächst geplante Anhörung der drei französischen Angeklagten wurde wegen der von den Verteidigern verlangten Vorladung weiterer Zeugen auf später vertagt.

Dem Journalisten Edouard Perrin (43) sowie zwei Ex-Mitarbeitern der Wirtschaftsprüferfirma PricewaterhouseCoopers (PwC), Antoine Deltour (30) und Raphaël H. (39), wird unter anderem Diebstahl von 45 000 Seiten Dokumenten und die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen vorgeworfen. Durch die 2012 und 2014 veröffentlichten "Luxleaks" war öffentlich geworden, dass Konzerne und das luxemburgische Finanzamt sehr geringe Steuersätze von weniger als einem Prozent des Gewinns vereinbarten und dass eine Reihe europäischer Staaten in einer Art Steuerwettbewerb ähnlich vorteilhafte Angebote machte.

Sowohl Giegold als auch Ryding widersprachen der Behauptung der vom heutigen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker geführten damaligen Regierung des Großherzogtums, die Steuervorbescheide seien legal gewesen. Luxemburg, aber auch Frankreich, Belgien und die Niederlande, hätten mit den Steuervorbescheiden ("Tax Rulings") ihren Finanzämtern eine große "Manövriermasse" für die Anwendung des Steuerrechts gegeben. Kein EU-Land habe wirklich die seit 39 Jahren geltende Pflicht zur Information anderer EU-Regierungen über solche "Rulings" eingehalten. "Die luxemburgischen Entscheidungen haben das Steueraufkommen in anderen EU-Ländern untergraben", sagte Ryding.

Giegold verwies darauf, dass die EU-Kommission nach Veröffentlichung der "Luxleaks"-Dokumente Verfahren gegen mehrere Regierungen wegen unerlaubter Beihilfen einleitete. Entscheidend sei, dass andere EU-Mitglieder nicht über die Steuerkonditionen informiert worden seien. "Die öffentliche Information hat die Lage geändert, und das war der entscheidende Anstoß", sagte Giegold. "Luxleaks war sehr wichtig für uns. Wir hatten so etwas vorher noch nicht gesehen", sagte Ryding. Deltours jetziger Chef in der französischen Statistikbehörde INSEE, Bertrand Kauffmann, lobte die "enormen Qualitäten" des Whistleblowers: Er sei "sehr pflichtbewusst, sehr ernsthaft, sehr aufrichtig".

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