Mit Pflastersteinen gegen Stellenabbau

Luxemburg · Während einer Aktionärsversammlung des weltweit größten Stahl-Herstellers ArcelorMittal ist es gestern in Luxemburg zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Stahlarbeitern und der Polizei gekommen. Ein Demonstrant wurde festgenommen, ein Journalist leicht verletzt.

Wenn in Frankreich gestreikt wird, geht es mitunter ganz schön zur Sache. Davon können etliche französische Firmen-Chefs und Manager ein Liedchen singen, die bei Protest-Aktionen in den vergangenen Wochen teilweise sogar von den Demonstranten vorübergehend als Geiseln genommen wurden.

Am gestrigen Dienstag wurde die fragwürdige „Protest-Kultur“ nach Luxemburg exportiert, attackierten französische und belgische Stahlarbeiter die ArcelorMittal-Firmenzentrale in Luxemburg-Stadt. Dort informierte Firmen-Chef Lakshmi Mittal zu dieser Zeit seine Aktionäre in einer Hauptversammlung über die wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise um die Hälfte gedrosselte Stahl-Produktion.

Wegen der Absatzkrise streicht der Stahlkocher weltweit 9000 Stellen, davon allein 6000 in Europa. In Frankreich fallen 1400 Arbeitsplätze weg, in Belgien 800 und in Deutschland 750. Die 2000 Demonstranten kamen überwiegend aus Lüttich (Belgien) und dem französischen Charleroi.

Schon kurz nach ihrem Eintreffen versuchten 30 gewaltbereite Stahlarbeiter, den Arcelor-Firmensitz zu stürmen. Dabei wurden die 200 eingesetzten Beamten nach Polizeiangaben mit Pflastersteinen, Schrauben, Glaskugeln, Eisenstangen und Rauchbomben beworfen. Zur Hilfe gerufenen Spezialeinheiten der Polizei setzten Pfefferspray und Plastikgeschosse ein, um die Demonstranten zurückzudrängen. Ein belgischer Stahlarbeiter, der durch ein Fenster in die Firmenzentrale eindringen wollte, wurde festgenommen. Später setzte die Polizei den Mann an der luxemburgisch-belgischen Grenze wieder auf freien Fuß.

Gewerkschaftsvertreter versuchten den ganzen Vormittag über, die aufgebrachten Stahlarbeiter zu beruhigen. Erst gegen Mittag gelang es ihnen.

Firmen-Chef Mittal, der nicht zu den Demonstranten sprach, forderte die Aktionäre auf, das Unternehmen „in einer der schwierigsten und herausfordernsten Zeiten“ zu unterstützen. Bis Juni bleibe die Stahlproduktion um die Hälfte gedrosselt, es gebe inzwischen aber wieder „Anzeichen auf Besserung“. So hat laut Mittal beispielsweise in China die Stahl-Nachfrage seit Herbst um 40 Prozent zugelegt. Auch in Europa und den USA stünden die Zeichen auf Erholung.

ArcelorMittal war mit der Wirtschaftskrise im Schlussquartal von 2008 erstmals in die roten Zahlen gerutscht und hatte einen Verlust von 2,6 Milliarden Dollar ausgewiesen. Im ersten Quartal 2009 betrug der Nettoverlust 1,1 Milliarden Dollar. Der Konzern beschäftigte Ende März 305.000 Menschen in mehr als 60 Ländern.

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