Biogasanlagen und die Bauern: Drei sind eine zu viel

Die Firma Juwi aus Wörrstadt will auf Flächen hinter Ideal-Standard eine Biogasanlage bauen. Landwirte sind dagegen. Sie empfehlen dem Stadtrat, die Anlage abzulehnen, auch weil es schon zwei gibt. Sie befürchten, dass Flächen für Maismonokulturen verloren gehen, Probleme im Pachtmarkt entstehen. Zudem steige das Risiko eines Befalls durch einen gefürchteten Schädling, den Maiswurzelbohrer.

Wittlich. Biogas: Das klingt gut, nach sauberer Energie, Nahwärme, zukunftsweisend. Um sie zu gewinnen, braucht man unter anderem Mais als sogenannte Energiepflanze. Viel Mais. Viel Mais bedeutet Monokultur und die hat Nachteile. Sie lockt zum Beispiel Schädlinge. Ein kleines Insekt aus Amerika ist mittlerweile auch ein großes Schreckgespenst für Bauern in Deutschland.

Furcht vorm "Eine-Milliarde-Dollar-Käfer"

Es heißt Maiswurzelbohrer und hat einen bedrohlichen Spitznamen: Eine-Milliarde-Dollar-Käfer. So groß ist der Schaden, den er in den USA jährlich anrichtet, wird berichtet. Mittlerweile ist er in Europa eingeflogen. Auch in der Wittlicher Senke fürchten sich die Landwirte vor ihm. Hier wächst auf 17 Prozent der Ackerfläche Mais. Nun will eine Firma eine Biogasanlage bauen. Dann, so die Bauern, würde der Maisanbau auf über 25 Prozent steigen. Damit steige das jetzt schon bestehende Risiko, dass der Maiswurzelbohrer an Wittlich Geschmack finden könnte. Dann ist nicht nur die Ernte futsch: Bei Befall darf ein Jahr keine Erde aus dem Gebiet anderswohin verfrachtet werden. Geplant ist eine 600 Kilowattanlage, die unter anderem Nahwärme für Ideal-Standard in einem halben Kilometer Entfernung liefern könne. Die Bauern verweisen darauf, dass es zwei Biogasanlagen mit rund 1,7 Megawatt-Leistung in Altrich und Platten gebe.

Stadtrat soll generell Anlagen ablehnen

 Auch in der Wittlicher Senke fürchten sich die Bauern vor dem gefährlichen Maiswurzelbohrer. Foto: dpa

Auch in der Wittlicher Senke fürchten sich die Bauern vor dem gefährlichen Maiswurzelbohrer. Foto: dpa



Mit einer dritten bedeute das einen Flächenbedarf von tausend Hektar für den Pflanzenanbau für Biogasanlagen im näheren Umkreis von acht Kilometern. Zum Vergleich: Das gesamte Stadtgebiet umfasst 4965 Hektar, davon 2124 Hektar landwirtschaftliche Flächen einschließlich Weinbau. Aus Sicht der Ortsverbände im Kreisbauern- und Winzerverband brächte eine weitere Anlage mehr Nachteile als Vorteile.

Nicht nur der Schädling wird ins Spiel gebracht. Außerdem fürchten die Bauern steigende Pachtpreise und einen Kampf um die Flächen. All das könne dann "die Wirtschaftlichkeit aller Betriebe gefährden" argumentieren sie in ihrer umfangreichen Stellungnahme. Darin weisen sie auch darauf hin, dass der Landwirtschaft im Wittlicher Tal generell Flächen verloren gehen und nennen dafür beispielhaft: Industriegebiet Wengerohr Süd, B 50 neu, die Ortsumgehung Wengerohr.

Ihre Haltung fasst der Sprecher der Wittlicher Ortsverbände, Heinz Zender, wie folgt zusammen: "In der Summe ist nach unserer Einschätzung eine dritte Biogasanlage im Wittlicher Tal nicht raumverträglich und stellt ein erhebliches wirtschaftliches Risiko für alle Beteiligten dar."

Mit dem Thema befasst sich der Stadtrat am Donnerstag, 10. März. Die Beschlussvorlage: "Der geplanten Errichtung einer Biogasanlage durch die Juwi Bio GmbH, Wörrstadt, wird aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zugestimmt; dies gilt auch für künftige Anträge anderer Betreiber auf dem gesamten Gebiet der Stadt Wittlich."

Meinung

Alles hat zwei Seiten

Regenerative Energie gilt als klimafreundlich. Um sie zu fördern gibt es finanzielle Unterstützung. Sie ist für Investoren interessant. Die Nachteile: Böden können ausgelaugt werden, Schädlingsbefall droht, was aber auch für Futtermaisanbau gilt, Ackerland wird knapp und teuer. Aber Bauern sind leider auch nicht unbedingt die größten Umweltschützer. Wäre Juwi der erste Anlagenbauer im Tal, wäre die Situation eine andere, denn das Konzept wird grundsätzlich gelobt. Und die Energie muss ja irgendwo herkommen. s.suennen@volksfreund.deExtra Juwi-Projekt: "Das Investitionsvolumen hätte bei ca. 3,5 Millionen Euro gelegen", sagt Hans Joachim Schmidt, Juwi, auf TV-Nachfrage. Als Wärmekonzept naheliegende Industriebetriebe zu versorgen, sei auf reges Interesse gestoßen. "Generell kann man sagen, dass der Projektansatz von allen lokalen Gesprächspartnern immer sehr löblich aufgenommen wurde", sagt Schmidt, "Bei einigen der lokalen - nicht beteiligten - Landwirte haben jedoch die Bedenken überwogen. Auch das aktuelle Konzept der städtischen Werke bei der Klärschlammentsorgung hat Interessenkonflikte zu der geplanten Biogasanlage befürchten lassen." Die Bedenken seien "ausschließlich dem speziellen Umfeld geschuldet." In den Pachtmarkt habe man nicht eingreifen wollen. Jetzt sei die Fortführung des Projektes "unmöglich."

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