Blitzeblank und sehr gut trinkbar

Wintrich · Die Furcht des Winzers vor sich verziehenden Gesichtern war grundlos. Für den jahrelang unter der Erde lagernden Wein gab es Anerkennung. Das Experiment auf dem Wintricher Romanushof geht weiter. Allerdings wird der Most dann nur ein paar Monate in Tonkrügen lagern.

 Spannender Moment: Roman Auler (links) und Sohn Florian öffnen die erste Amphore. TV-Fotos (4): Klaus Kimmling

Spannender Moment: Roman Auler (links) und Sohn Florian öffnen die erste Amphore. TV-Fotos (4): Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (kik), Klaus Kimmling ("TV-Upload kimmling"

Wintrich. "Sind Sie nervös?" "Ja"? Kurze Frage - klare Antwort. Roman Auler steht unmittelbar vor einem Moment, der nicht über den Frieden auf der Welt entscheidet, für ihn aber von großer Bedeutung ist. Vor 44 Monaten, im Herbst 2012, hat er zwei große Amphoren (Tonkrüge) gefüllt. Die eine mit Traubenmost, die anderen mit unzerquetschten Beeren. Nun ist der Moment gekommen, um zu sehen und zu probieren, was sich getan hat.

Die Amphoren ruhen seither von großen Steinplatten bedeckt unter der Erde. "Bitte kein Foto, wenn die Leute das Gesicht verziehen", bittet Auler. Doch um ein solches Bild zu bekommen, hätte es der Fotograf schon stellen müssen, denn niemand der Gäste verzieht das Gesicht.

Zuerst wird die Amphore mit dem Most geöffnet. Aulers Sohn Florian misst mit dem Metermaß wie viel Schwund es in den 44 Monaten gegeben hat. "25 Zentimeter fehlen", sagt er. Mitglieder des Vereins Vigilia Romana Vindriacum, natürlich in Uniform, versenken Schöpfkellen in der Flüssigkeit und füllen Krüge und Gläser.Nur wenig Schwund

 Die Römerin schaut interessiert zu.

Die Römerin schaut interessiert zu.

Foto: klaus kimmling (kik), Klaus Kimmling ("TV-Upload kimmling"
 Die Legionäre der Vigilia Romana halten Einzug auf dem Romanushof. Im Hintergrund ist der Tempel zu sehen, unter dem die Amphoren vergaben sind.

Die Legionäre der Vigilia Romana halten Einzug auf dem Romanushof. Im Hintergrund ist der Tempel zu sehen, unter dem die Amphoren vergaben sind.

Foto: klaus kimmling (kik), Klaus Kimmling ("TV-Upload kimmling"
 Auch für die Gäste ist der erste Kontakt mit dem blitzblanken Wein ein ganz besonderer Moment.

Auch für die Gäste ist der erste Kontakt mit dem blitzblanken Wein ein ganz besonderer Moment.

Foto: klaus kimmling (kik), Klaus Kimmling ("TV-Upload kimmling"

Die erste Überraschung: Der Wein ist blitzblank und von schönster goldener Farbe. Aber schmeckt der Glasinhalt auch nach Wein? Der Geruch erinnert an Trester, das ist der hochprozentige Extrakt, der beim Brennen der ausgepressten Trauben entsteht. Für die Fachleute unter den Gästen steht fest: Das schmeckt auch nach Wein.

Eines gilt für den Inhalt beider Amphoren. Ihr Inhalt ist im wahrsten Sinne naturrein. Alle die Arbeiten, die nach der Weinlese und bis zur Abfüllung anfallen, sind ihr entfallen. Es ist nichts hinzugesetzt worden, es ist nichts filtriert worden.

Die zweite Amphore wird geöffnet. Es fehlen nur 20 Zentimeter im Vergleich zur eingefüllten Masse.
Die Optik ist eine ganz andere. Der Wein sieht aus wie Sherry und schmeckt auch so. Er erinnert in Farbe, Geruch und Geschmack an Weine aus den guten 1970er Jahren.

"Es ist ein Experiment. Da kann gar nichts schief gehen", hatte Wolfgang Friedrich, zweiter Vorsitzender von Vigilia Romana, vorher gesagt. " Es ist sehr gut geworden", sagt er, nachdem er das Ergebnis probiert hat. Der 1997 gegründete Verein beschäftigt sich unter anderem mit dem Projekt "Römer, Wein und Amphoren". Und der Romanushof von Roman Auler ist quasi das Experimentierweingut (der TV berichtete).

Wie lagerten die Römer, die vor 2000 Jahren an die Mosel kamen ihre Weine, und wie überstand der Rebensaft lange Transporte? Denn jedem Legionär standen pro Tag mehrere Liter Wein zu. Diese und ähnliche Fragen stellt Roman Auler sehr oft. Was er investiert ist mehr als Herzblut. "Roman Auler kann sehr stolz sein", sagt der Wintricher Ortsbürgermeister Dirk Kessler.

Was passiert nun mit dem Wein? Den Rebensaft aus Most will Auler erst einmal in einem Labor untersuchen lassen. Danach entscheide er, ob er ihn abfülle und als Liebhaberstücke offeriert. Den Wein aus Beeren könnte er zu Weinbrand brennen und jede Flasche mit noch in der Amphore befindlichen Beeren aufwerten.

Doch das ist alles erst einmal nicht so wichtig. "Jetzt bin einfach nur glücklich", sagt Roman Auler. Und was geschieht nun mit den fest im Boden verankerten Amphoren? Die will Auler auch in Zukunft mit Most füllen. Allerdings soll das Produkt dann nur ein paar Monate unter der Erde lagern und dann in normale Tanks kommen.

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