Eine Frau verspricht Bauern viel Gutes

Politiker, Funktionäre, Bankenvertreter, Bürgermeister: Sie alle trifft man, wenn der Kreisbauernverband einlädt. Dazu die Hauptpersonen: Landwirte, Winzer und eine Gastrednerin, Julia Klöckner, Staatsekretärin in Berlin und designierte CDU-Kandidatin fürs Ministerpräsidentenamt. Sie erntet in Wittlich viel Applaus.

Wittlich. "Hallo Leo. In der Eifel hast Du Dich verfahren? Das ist aber kein gutes Zeichen." Kreisbauernvorsitzender Manfred Zelder telefoniert mit Bauernpräsident Leo Blum und grinst. Der Bauernchef schafft es dennoch fast pünktlich nach Wittlich und hört, wie die anderen 140 Gäste: Für die Landwirtschaft soll die Zukunft unter einem besseren Stern stehen und auch Geschenke bringen. Das verspricht Julia Klöckner, Staatssekretärin im Berliner Landwirtschaftsministerium, passend zum Dreikönigstag. Für sie selbst steht eine Zukunft an der Spitze von Rheinland-Pfalz in den Sternen, die CDU-Frau will Ministerpräsidentin werden. "Sehr, sehr beeindruckt" ist sie daher von den vielen Ehrengästen. Deren Begrüßung durch Manfred Zelder dauert allein zehn Minuten. Eine starke Lobby. Sie wird gebraucht. Denn "Politik ist ein Verdrängungswettbewerb von Interessen", sagt Julia Klöckner. Dabei seien Vertreter im Deutschen Bundestag, "die die Kuh nur aus dem Fernsehen kennen". Sie gehört nicht dazu. Überhaupt sei in der Politik wichtig, "dass man weiß, aus welchem Stall man kommt". Sie stammt aus einem Winzerbetrieb und mache gerne "Klientelpolitik". Dafür gibt es in Wittlich viel Applaus, nicht nur von den vielen CDU-Politikern.

Konkret einsetzen will sie sich für Bürokratieabbau. Konkret sieben Vorschläge dazu schüttelt ihr als Hausaufgabe Manfred Zelder aus dem Ärmel: Vieles sei überflüssig und ganz einfach "ein Witz". Inwieweit Julia Klöckner da helfen kann? Auch in Sachen Verlust von Ackerflächen durch Sonnenenergieanlagen? Immerhin 280 Hektar seien aktuell dafür schon verplant?

Nach einstündiger Rede nennen Bauern ihren Vortrag "hervorragend" und "supergut".

Immerhin: Klöckner verspricht nicht einfach Lösungen für alle Probleme, sondern redet auch Tacheles. Der Sorge eines Tabakbauern, der sich für den bislang subventionierten Anbau eine Alternative suchen muss, begegnet sie klar. "Sie wissen, wir geben in Deutschland viel Geld aus für die Krankheitsprävention. Rauchen ist schädlich. Es wäre gelogen, zu sagen, Tabakanbau hat in Deutschland eine prosperierende Zukunft."

Zukunft sollen deutsche Landwirte in der globalisierten Welt haben. Klein geworden ist die Welt. Auf den Tischen liegt Kaffeemilch aus "Alpensahne": Das Produkt mit der "Bärenmarke" gehört längst zu den Hochwaldnahrungsmittelwerken, deren Geschäftsführer in Wittlich auch im Saal sitzt. Und es gibt, so Hubertus Klein zum Schluss, "saumäßig gute Erbsensuppe, weil Schweinefleisch drin ist". Wo das herkommt? Gekocht jedenfalls wurde es von heimischen Maltesern.

Meinung

Ein Loblied auf die Bauern

Gut getan hat den Bauern Julia Klöckners Loblied auf die Landwirtschaft nach dem Krisenjahr. Und die Politikerin nutzte die Chance, Wahlkampf in eigener Sache zu betreiben. Mit ihr jedenfalls sei die Politik auf Seite der Bauern und Winzer, gab die CDU-Frau allen zu verstehen. Dabei hatte sie ein klassisches Heimspiel, kritische Nachfragen gab es so gut wie gar nicht. Sogar Null-Aussagen wie "Die Wildscheinproblematik ist in vielen Bereichen ein Problem" oder immer passende Phrasen wie "Wir brauchen kreative Lösungen" schadeten der Rednerin nicht. Sie hat sich gut verkauft und damit allen im Saal vermittelt, auch die Interessen der Landwirtschaft gut zu verkaufen. Sogar den ein oder anderen Lacher hatte sie auf ihrer Seite mit flotten Sprüchen wie: "Das Geld muss bei den Landwirten, nicht bei den Landräten ankommen." Und was will man mehr als die abschließende Aussage eines Funktionärs: "Sie kennen die Seele der Bauern wirklich sehr gut." Dazu reichen den Zuhörern in Wittlich bislang tatenlose Versprechungen wie: "Der Wille ist da." Sollte Julia Klöckner tatsächlich Kurt Becks Nachfolgerin werden, wird sich das sicher ändern. s.suennen@volksfreund.de

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