Eine Stadt sucht den Ur-Wittlicher

Wittlich · Ein 60 Jahre altes Dokument, das auf 300 Jahre alten Daten fußt, bekommt politische Aktualität. Anlass: die mögliche Rolle der rätselhaften Spezies Ur-Wittlicher. Ob diese Gattung ein Phantom ist oder nicht, weiß kein Mensch.

"Wer bin ich - und wenn ja, wie viele": So heißt ein Bestseller. Eine ähnlich existenzielle Frage beschäftigt Wittlicher: "Wer bin ich - Ur-Wittlicher ? - und wenn ja, was heißt das?" Dabei ist die ähnlich komplexe Frage, wer ein Säubrenner ist, ins Hintertreffen geraten.
Auslöser: ein Fremdwort (der Name Eventum für die Großsporthalle) und die These: "Wieder einmal wurde im Wittlicher Stadtrat eine Entscheidung an den Ur-Wittlichern vorbei getroffen." Ergebnis: ein Politikum, das Wittlichs höchstes politisches Gremium, den Stadtrat, beschäftigt. Der hat öffentlich Schritt eins getan: Grundlagenforschung. Das noch schwierigere Thema, inwieweit Ur-Wittlicher verbriefte Entscheidungsrechte haben, ruht (noch).
42 Treffer bei Google


Zunächst braucht der Rat Hilfe bei der Klärung, um was es sich bei der unbekannten Größe "Ur-Wittlicher" handelt. Ein Blick in den Fremdwörter-Duden (These: deutschlandweit müsste der Begriff ein Fremdwort sein) hilft nicht: Zwischen "Urubu" (südamerikanischer Rabengeier) und "Usambaraveilchen" ist eine Lücke: Ur-Wittlicher fehlt. Eine Eins-zu-Eins-Übersetzung scheitert auch: Auerochsen-Wittlicher?
Und googelt man die Frage "Was ist ein Ur-Wittlicher" erhält man 42 Treffer (Stand Freitag), die überwiegend eine Erklärung wiederholen. Nämlich die, die erster Beigeordneter Albert Klein im Stadtrat vorgelesen hat: posthum kam so Bürgermeister Matthias Joseph Mehs im Rat zu Wort! Dessen Analyse ist 60 Jahre alt und fußt auf der These, räumlich beschränktes menschliches Fortpflanzungsverhalten sei entscheidend: Er hat Familiennamen als Kennzeichen gewählt. Die, die 300 Jahre in der Stadt überdauert haben, gehörten zum "Stamm der Stadt", die er als "Ur-Wittlicher ansprechen" möchte. Doch Mehs schwächt die Bedeutung dieser Art Adel ab, immerhin müsse "von auswärts frisches Blut zufließen", was biologisch einleuchtet.
Doch wo sind sie heute, die Ur-Wittlicher und woran erkennt man sie? Ganz pragmatisch schlägt jetzt ein Wittlicher vor: Ur-Wittlicher behalten das WIL-Nummernschild, alle anderen fahren mit "BKS (bin kein Säubrenner)" besser. Auch der archäologische Ansatz ist aktuell: Von einem Wengerohrer (seit der Eingemeindung 1969 Wittlicher, womöglich auch Säubrenner) kommt der Hinweis, es seien noch keine entsprechenden Gebeine gefunden worden.
Das führe zur Frage: "Was aber, wenn es den Ur-Wittlicher gar nicht gab?" Das heißt womöglich auch: Kann der Stadtrat entscheiden, was er will?
Und: Was sagt Bürgermeister Joachim Rodenkirch dazu? "Für mich ist jeder, der hier wohnt, ein Wittlicher Bürger mit Rechten und mit Pflichten. Wir müssen keine Geburtselite haben, das war einmal. Vielleicht geht es bei der Diskussion um die Ur-Wittlicher auch um so etwas, was sich in Dörfern zwischen Ober- und Unterdorf abspielt."
Ur-Wittlicher laut Matthias Mehs: Bastgen, Becker, Bungert, Daus, Feller, Heck, Jacobi, Kaudt, Keucker, Kiesgen, Kohlhey, Lauer, Marmann, Mehs, Mertes, Müller, Mußweiler, Neuerburg, Nieles, Otto, Petri, Raskop, Schäfer, Städtgen, Thönes, Wagner

Wer kann helfen? Was ist ein Ur-Wittlicher und was bedeutet das? Bitte mailen Sie uns an
Mosel-echo@volksfreund.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort