Hausärzte gehören zu einer aussterbenden Art

Thalfang/Morbach · Land-Hausärzte werden Mangelware: Prognosen der Kassenärztlichen Vereinigung zeigen, dass 50 Prozent dieser Mediziner jetzt schon über 55 Jahre sind. In Traben-Trarbach herrscht akuter Hausarztnotstand. Auch in Thalfang und Morbach ist man sich dieses Problems bewusst.

Drei Praxen mit Medizinern im Alter zwischen 55 und 61 Jahren gibt es nach Angaben vom Büroleiter der Verbandsgemeinde Thalfang, Michael Suska, derzeit in Thalfang. "Dass es mittelfristig auch hier Probleme geben wird, ist klar." Man müsse jedoch abwarten, wie sich die Situation entwickle und sehen, dass man bei der Bedarfsplanung mitwirke. "Als Kommune müssen wir alles dafür tun, dass sich Hausärzte in unserem Bereich niederlassen", sagt er.

Arztfinder im Internet

In der Einheitsgemeinde Morbach gibt es nach Auskunft von Bürgermeister Andreas Hackethal, noch neue Hausärzte. "Und ein von der Gemeinde, den gewerblichen Betrieben und den Krankenkassen getragenes Notarztsystem", betont der Verwaltungschef. Sein Einsatzbereich reiche über die Gemeinde hinaus. "Wir sind noch gut versorgt", sagt Hackethal, "das Thema spielt aber bei der Zukunftsplanung immer eine Rolle. Fakt ist jedoch, wie aktuelle Fälle in den Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach zeigen, dass Hausärzte, die aufhören wollen, keine Nachfolger finden. Viele arbeiten aus reinem Idealismus weiter und hören auch mit 65 nicht auf. Dr. Ernst Knick aus Bausendorf ist neuer Vorsitzender der Netzpraxis Mittelmosel. Er geht sogar einen Schritt weiter und sagt ganz klar: "Hausärzte sind die letzten Dinosaurier, sie sind vom Aussterben bedroht. Der Mangel an solchen Medizinern auf dem Land wird größer werden." Medizinische Versorgungszentren seien eine Lösung und vielleicht ein Anreiz, Doktoren aufs Land zu locken. Wobei diese Varianten eine Festanstellung als auch ein festes Honorar und feste Arbeitszeiten garantiere. "Heute wollen Ärzte Sicherheit. Das Modell der eigenen Praxis hat ausgedient. Viele scheuen die Investitionen und die Bürokratie, die einem auferlegt wird."

Angesichts der Tatsache, dass nach den Berechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nur noch knapp 30 Prozent der Allgemeinmediziner unter 50 Jahren sind und Nachwuchs quasi verschwindend gering ist, arbeitet auch die KV auf Hochtouren nach Lösungen. "Momentan sind wir dabei, für jeden einzelnen Kreis sogenannte Atlanten zu erstellen, wo wir genau ermitteln, wie viele Hausärzte es gibt", sagt Dr. Rainer Sauerwein von der KV-Presseabteilung. "Wir überlegen in viele Richtungen." Dabei spielten etwa medizinische Gesundheitszentren ebenso eine Rolle wie mobile Ärzte.

Im jüngsten Fall von der Mosel stehen die Patienten einer Hausarztpraxis nun mit ihren Unterlagen da und wissen nicht wohin. Was rät der Fachmann? Sauerwein: "Es gibt bei uns auf der Internetseite www.kv-rlp.de einen Arztfinder. Hier kann man zumindest schon einmal sehen, wo ein Mediziner in erreichbarer Nähe ist." Was aber, wenn ein Hausarzt aufgrund von Überkapazitäten gar keinen Patienten mehr aufnimmt? Dann müsse man nach einem suchen - im Notfall ist jedoch jeder Arzt verpflichtet, einen Patienten aufzunehmen. Ein medizinischer Notfall liegt per Rechtsprechung bei einer schweren Verletzung oder akuten Erkrankung vor. Das kann beispielsweise eine allergische Reaktion, ein Hitzschlag, eine Vergiftung oder eine Grippe sein.
Meinung


Schnelle Lösungen sind gefragt

Von Clemens Beckmann

Es könnte ein Teufelskreis werden: Weniger Menschen - weniger Ärzte, weniger Ärzte - weniger Menschen. Den Kreis zu durchbrechen dürfte schwierig werden. Doch eine Lösung muss her. Sonst sind Projekte wie "Zu Hause alt werden" gescheitert, bevor sie richtig angefangen haben. Welche junge Familie soll noch aufs Land ziehen, wenn kein Arzt in der Nähe ist? Dass engagierte Menschen Fahrdienste anbieten, ist lobenswert. Doch was nutzt das, wenn kein Mediziner mehr da ist? Kommunen haben wenig, womit sie locken können oder dürfen. Gefragt sind vor allem die große Politik und die Verbände. Sie dürfen nicht zu lange warten. Sonst tritt der Notstand flächendeckend ein.
c.beckmann@volksfreund.de

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