Kartoffeln bereiten Bauern zu viel Arbeit

Bernkastel-Wittlich · Dippelappes, Krumpernschnietcher, Stampes: All das geht ohne die Kartoffel nicht. War sie einst das Grundnahrungsmittel in Eifel und Hunsrück, tun sich seit Jahren mehr und mehr Landwirte schwer mit Cilena, Linda & Co.

Bernkastel-Wittlich. Einst war sie Gold wert, in Kriegs- und Nachkriegszeiten, als sie die hungrigen Mägen füllte. Heute verschwindet die Kartoffel langsam von den Feldern in der Region. Gerade einmal auf 55 Hektar haben landwirtschaftliche Betriebe nach Angaben des statistischen Landesamts 2010 die Knolle angebaut. 1960 waren es noch 4600 Hektar, seitdem ist die Fläche immer kleiner geworden. Von den 5300 Betrieben, die 1971 Kartoffeln ernteten, waren 2010 lediglich 138 übrig. Aktuellere Daten liegen nicht vor. Neben diesem professionellen Anbau gibt es allerdings viele Privatleute oder auch Bauern, die Kartoffeln für den Eigenbedarf und die Familie ernten. Nikolaus Schmackmann vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Eifel schätzt, dass im ehemaligen Regierungsbezirk Trier noch auf 400 Hektar Kartoffeln wachsen. Dennoch: Die Zeiten, in denen Hunsrück und Eifel bedeutende Kartoffelregionen waren, seien vorbei. Grund sei zum einen der sinkende Verbrauch. Zudem würden sich viele Landwirte die Investition in teure Spezialmaschinen sparen. Auch sei der Arbeitsaufwand bei der Kartoffel sehr hoch: ernten, sortieren, in Säcke packen, lagern, verkaufen - da brauche es viele Helfer, und die seien meist Mangelware. Fast alle hiesigen Kartoffeln würden direkt vermarktet, also ab Hof. Maximal sei ein Händler dazwischengeschaltet. So verkaufen beispielsweise Bungert und zum Teil auch Edekamärkte hiesige Knollen.Qualität sehr wichtig

Paul Brandsma ist den Kartoffeln treu geblieben. Auf einem Hektar baut der 48-jährige Biolandwirt sie für seinen Demeter Hof Breit in Wittlich an. Die Menge reicht gerade für die eigene Vermarktung. Und er hat die Erfahrung gemacht, dass die Kunden gerade bei Kartoffeln hohen Wert auf Qualität legen. Der hiesige Boden eigne sich gut für den Anbau, da er locker und sandig sei. Allerdings seien auch viele Steine darin, die die Arbeit erschwerten, sagt Schackmann. Brandsma setzt auf ältere, resistentere Sorten wie Linda und Charlotte, während im konventionellen Anbau Cilena und Belana die Nase vorn haben. Eine Tendenz ist deutlich: "90 Prozent der Kunden wollen festkochende Sorten." Dass viele Landwirte sich von der Kartoffel abgewandt haben, erklärt Brandsma auch mit dem Preiskampf. Vor allem in Norddeutschland und in der Pfalz haben sich Bauern auf den großflächigen Anbau der Knolle spezialisiert und können sie daher günstiger verkaufen. Discounter bieten sie zum Teil zu Dumpingpreisen an. "Ich finde es schade, dass die Kartoffel so verschwindet. Schließlich ist sie ein typisches, regionales Produkt", sagt Brandsma. Schmackmann schätzt den aktuellen Preis in der Direktvermarktung auf fünf bis acht Euro je 12,5-Kilogramm-Sack. "Es ist eine Herausforderung für Profis, mit der Kartoffel Geld zu machen", sagt Manfred Zelder, Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes. Einen Hoffnungsschimmer sieht er in der Gastronomie, die wieder mehr Wert auf bodenständiges Essen lege. Und da gehört die Kartoffel dazu - egal ob edel als Herzoginkartoffeln oder in typisch regionaler Art als Dippelappes, Krumpernschnietcher mit Apfelmus oder als Stampes. Video unter volksfreund.de/video

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