Gesundheit Mit Muskelkraft gegen Depressionen - Mut-Tour hält in Wittlich

Wittlich · Das Thema Depressionen ist noch stark tabuisiert. Wie fünf junge Menschen das ändern wollen, haben sie dem Trierischen Volksfreund auf dem Wittlicher Marktplatz erzählt.

 Für mehr Toleranz gegenüber Menschen mit Depressionen wirbt die Mut-Tour. Die Radler machten auch Halt in Wittlich.

Für mehr Toleranz gegenüber Menschen mit Depressionen wirbt die Mut-Tour. Die Radler machten auch Halt in Wittlich.

Foto: Christina Bents

Ganz schön außer Puste waren die fünf Radfahrer, als sie in Wittlich ankamen. Sie wollten im Rahmen ihrer sogenannten Mut-Tour auf das Thema Depressionen aufmerksam machen. Insgesamt sind in diesem Jahr 60 Menschen in ganz Deutschland in diesem Zusammenhang unterwegs und wollen mehr als 5000 Kilometer zurücklegen.

Fünf von ihnen waren um zehn Uhr in Trier gestartet und hatten bis Schweich noch 35 Personen dabei, die ein Stück mitfahren wollten. Gegen 17.30 Uhr kamen sie in Wittlich an. Warum sie unterwegs sind? Sebastian Burger, einer der Fahrer sagt: „Jeder, der Lust hat, kann bei uns ein Stück mitfahren. Dadurch erreicht man viele Menschen, und es ergeben sich lockere, offene Gespräche über das Thema Depression.“ Und das ist einer der Hauptgründe, warum sie mit dem Fahrrad, meist Tandems, unterwegs sind.

Sie kommen während ihrer Pausen, wenn Reparaturen nötig sind oder wenn sie einen Platz zum Zelten suchen, mit anderen ins Gespräch.

„Personen bei einer Messe an einen Stand zu bekommen, ist viel schwieriger, als bei einer Fahrradtour ins Gespräch zu kommen. An einen Stand zu gehen trauen sich Betroffene oder Familienangehörige kaum, weil Depressionen immer noch ein Tabuthema sind“, erklärt Mitfahrerin Cordula Karsten.

Die Idee zur Tour hatte Sebastian Burger. Eine gute Freundin von ihm litt 2008 an einer Überlastungssituation ließ sich behandeln, aber sie wollte nicht, dass ihr Chef das mitbekommt. Er sagt: „Ich fand das total blöd, dass man sich für eine psychische Erkrankung immer noch schämen muss.“ Anschließend hat er Kontakt mit der deutschen Depressionsliga aufgenommen, die Trägerverein für diese Mut-Tour wurde, und nach Sponsoren gesucht. Krankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung und Stiftungen haben diese Aufgabe übernommen.

Bei der Mut-Tour nehmen auch Menschen mit Depressionen teil. Alex Pae ist eine von ihnen. Sie berichtet: „Als in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bekannt wurde, dass ich Depressionen habe, haben viele den Kontakt zu mir abgebrochen. Für mich ist es wichtig bei dieser Tour, wieder Kontakte zu Menschen zu bekommen und zu üben, über die Krankheit zu sprechen.“ Dazu ergänzt Sebastian Burger: „Es wird noch dauern, bis das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, aber das hat es bei körperbehinderten Menschen auch getan, und inzwischen spricht man ganz selbstverständlich von körperlichen Beeinträchtigungen.“ Auch Probleme wie zu wenige Therapeuten und Therapieplätze sind Gesprächsthemen auf der Tour.

Nach einer Kleinigkeit zu Essen haben sich die Ehrenamtler weiter auf den Weg gemacht: Bullay war das Tagesziel der Mut-Tour, bei der sie 490 Kilometer in einer Woche zurücklegen.

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