Von der Vergangenheit bewegt

Pünderich · Eine Menge Gestrüpp hatte sich am Ende des Tages auf dem Anhänger an der Kriegsgräberstätte Prinzenkopf angesammelt. Gut fünf Stunden hatten 25 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 24 Jahren aus Aachen und Umgebung dort die Grabkreuze gefegt, Hecken geschnitten und Laub gerecht.

 Bundeswehr-Azubis kümmern sich mit Helfern um die zugewucherten Gräber des Ehrenfriedhofs Prinzenkopf. Foto: privat

Bundeswehr-Azubis kümmern sich mit Helfern um die zugewucherten Gräber des Ehrenfriedhofs Prinzenkopf. Foto: privat

Pünderich. Seit September absolvieren 25 junge Zivilisten eine technische Ausbildung bei der Bundeswehr in der Fachschule des Heeres Aachen. Bei ihrem Arbeits- und Friedenseinsatz im Rahmen einer fünftägigen Rüstzeit unter dem Motto "Vergangenheit bewegt" sollten sie nicht nur sich selbst und ihre Kollegen außerhalb der gewohnten Umgebung besser kennenlernen, sondern auch durch praktisches Handeln ihr Bewusstsein für die jüngere Geschichte und mögliche Folgen gesellschaftlicher Strömungen schärfen. Theoretische Vorarbeit hatten die Ausbilder zusammen mit Militärpfarrerin Sabine Reinhold geleistet, die auch über den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge bei der zuständigen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier angefragt hatte, wo eine entsprechende Gedenkstätte Pflege benötige. Die Wahl fiel auf den Pündericher Prinzenkopf.
"Das macht schon nachdenklich", so die Jugendlichen nach getaner Arbeit, "da liegen so viele junge Leute, die noch kurz vor Kriegsende gestorben sind." Um den Prinzenkopf und seine Umgebung habe es noch im März 1945 heftige Kämpfe mit vielen Toten gegeben.
Blumen und Andacht



Als am 19. November 1958 die feierliche Einweihung begangen wurde, waren von umliegenden Friedhöfen 16 zu bereits 18 dort liegenden Soldaten dazugebettet worden. In den 1960er-Jahren wurden dort weitere 61 Kriegsopfer umgebettet. Mit einem Blumenbouquet und einer Andacht unter Leitung der Militärpfarrerin würdigten die Lehrlinge und ihre Ausbilder, Zells Verbandsgemeindebürgermeister Karl Heinz Simon, Pünderichs Ortschef Werner Lay und Raimund Schneider von der ADD die Opfer.
Diese Gedenkstätten sind keine "Heldenhaine", sondern Orte der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, betonte Schneider, nachdem er aus dem Brief eines französischen Mädchens an den unbekannten, gefallenen Urgroßvater zitiert hatte. Simon appellierte an die Jugendlichen, ihre Eindrücke mitzunehmen und gegen Gedankengut einzutreten, das andere diskriminiere. Lay, begeistert über das Ergebnis der Pflegemaßnahmen, wünschte den Jugendlichen bei aller Nachdenklichkeit angesichts der Sterbedaten auf den Kreuzen auch Freude an dieser Arbeit gefunden zu haben.
"Wie wird mit Menschen umgegangen?", stellte Pfarrerin Reinhold eine zentrale Frage. Schließlich sei nicht der Tod selbst erschütternd, wenn man "alt und lebenssatt" stirbt, erschütternd sei die Art und Weise des Todes, wenn er fremdbestimmt ist, wenn menschliches Leben weggeworfen wird. sur

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort