Kriminalität Hasskommentare nach Tod von Polizisten: LKA ermittelt gegen Verfasser von hundert Internetbeiträgen

Update | Mainz · Insgesamt gut 400 Hasskommentare hat die Ermittlungsgruppe „Hate Speech“ in Zusammenhang mit der Tötung der beiden Polizisten identifiziert. 102 Beiträge sind nach ersten Erkenntnissen strafrechtlich relevant. Im schlimmsten Fall droht den Verfassern eine Freiheitsstrafe.

 Die Hasskommentare haben die Ermittler auf allen gängigen sozialen Medien gefunden.

Die Hasskommentare haben die Ermittler auf allen gängigen sozialen Medien gefunden.

Foto: dpa/Fabian Sommer

Das Landeskriminalamt hat in Zusammenhang mit der Tötung der beiden Polizisten in der Nähe von Kusel vergangene Woche bislang 102 strafrechtlich relevante Internetbeiträge identifiziert. In 15 Fällen konnten die Beamten bereits die Verantwortlichen der Hasskommentare ermitteln. Insgesamt hat die eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe „Hate Speech“ seit 1. Februar 399 Fälle von Hass und Hetze im Netz entdeckt. Diese Ergebnisse hat Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Montagmorgen gemeinsam mit LKA-Präsident Johannes Kunz und Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer in Mainz vorgestellt.

„Aus virtueller kann tatsächliche Gewalt erwachsen“, sagte Lewentz. Der Staat müsse dabei konsequent einschreiten - die Ermittlungsgruppe sei deshalb der richtige Schritt gewesen. „Dass Menschen die kaltblütige Tötung der beiden Polizeikollegen regelrecht feiern und die Opfer verhöhnen, nehmen wir nicht hin“, so Lewentz.

Den Verfassern droht Geld- oder Freiheitsstrafe

Unter den Kommentaren im Netz fanden sich Äußerungen wie „Gut so, sollte öfter vorkommen“ oder „Das waren zwei von vielen, jeder kommt dran“.  Die Verfasserinnen und Verfasser haben sich laut Staatsanwaltschaft wegen persönlicher Verunglimpfung, Volksverhetzung oder der Billigung von Straftaten strafbar gemacht. Im letztgenannten Fall droht etwa eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Laut Staatsanwaltschaft ist unter einer Billigung nicht nur das Verfassen des Kommentars, sondern auch die Zustimmung durch Liken zu verstehen. Dadurch mache sich der Nutzer den Inhalt zu eigen, so Generalstaatsanwalt Brauer.

Vereinzelt gibt es Bezüge zur Corona-Politik

Die mutmaßlichen Täter stammen aus ganz Deutschland, unter den 15 bisher ermittelten Personen kommen zwei aus Rheinland-Pfalz. Vereinzelt seien Bezüge zur Corona-Politik und verbotenen „Montagsspaziergängen“ erkennbar gewesen, erklärte Brauer. Gefunden haben die Ermittler die Hasskommentare auf allen bekannten Plattformen wie Youtube, Facebook und Telegram. Auf der anderen Seite stünde jedoch viele Nutzer in den sozialen Medien, die den verbalen Entgleisungen deutlich widersprochen hätten, sagte LKA-Präsident Kunz. Das sei ein „Akt der Zivilcourage“. Zahlenmäßig überwiegend seien zudem Kommentare mit Beileidsbekundungen gewesen.

Nun ist die Justiz am Zug. Man müsse bei aller verständlichen persönlichen Wut jedoch einen kühlen Kopf bewahren und die Verfolgung mit „professioneller Distanz“ betreiben, sagte Brauer. „Gleichwohl werden wir alles daran setzen, die Verantwortlichen zu ermitteln, so schnell als möglich vor Gericht zu stellen und eine abschreckende Bestrafung herbeizuführen.“

„So etwas Widerliches werden wir nicht tolerieren.“

Bereits am Freitag war die Ermittlungsgruppe auf einen Facebook-Beitrag  hingewiesen worden, in dem ein vermummter Mann aus der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen öffentlich dazu aufrief, Polizisten auf Feldwege zu locken, um dort auf sie zu schießen. Dafür wollte der Mann pro Teilnehmer an seinem „Event“ 500 Euro kassieren. Ein Sondereinsatzkommando nahm den Mann, der sich in seiner Wohnung verbarrikadiert hatte, am Freitagabend fest. Nach Angaben des Innenministers hatte er sich auch dabei der Polizei gegenüber feindlich geäußert. „So etwas Widerliches werden wir nicht tolerieren“, kommentierte Lewentz. Ein ähnlich schwerer Fall ist den Ermittlern bisher nicht erneut untergekommen.

In der Ermittlungsgruppe arbeiten 14 Cyberanalysten und Ermittler, die aktiv nach Hasskommentaren und dergleichen in sozialen Medien suchen und ermitteln. Zum Einsatz kam die Gruppe auch nach der Ermordung eines Tankstellenmitarbeiters in Idar-Oberstein im Herbst vergangenen Jahres.

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