Mehrere tausend Demonstranten gegen AKW Cattenom

Cattenom · Knapp 5000 Menschen aus der Großregion nahmen am Ostermontag bei der Kundgebung in Cattenom teil. Dazu rief die Internationale Aktionsgemeinschaft auf. Die Forderung: Cattenom abschalten und zwar sofort.


Die Antiatomkraftbewegung hat nach der Katastrophe von Fukushima eine neue Qualität erreicht. Das zeigte sich gestern in Cattenom. Mit "1957 Majak, 1979 Harrisburg, 1986 Tschernobyl, 2011 Fukushima, ??? Cattenom", überschrieb die Internationale Aktionsgemeinschaft gegen Cattenom ihren Aufruf zur Kundgebung vor den Toren des französischen Atomkraftwerkes und nur wenige Kilometer von der saarländischen Grenze entfernt. Dort versammelten sich knapp 5000 Menschen aus der Großregion Saar-Lor-Lux und Rheinland-Pfalz, um gemeinsam eine klare Forderung zu erheben: "Cattenom abschalten und zwar sofort."

Das Kraftwerksgelände selbst wurde gut bewacht. Sicherheitsleute positionierten sich dort, wo die Reaktoren im Hintergrund trügerisch friedlich schlummerten und die vier mächtigen Kühltürme weißen Rauch in den strahlend blauen Himmel abließen. Gleich gegenüber vor dem See, aus dem das Kraftwerk sein Kühlwasser nimmt, versammelten sich die Menschen zu einer riesigen Masse. Auffallend dabei waren die knallgelben und grünen Fahnen mit der glutroten Sonne und dem Slogan "Atomkraft, nein danke!", die sich vermischten mit den bunten Fahnen und Transparenten der einzelnen Partner der Internationalen Aktionsgemeinschaft gegen Cattenom und das waren immerhin 38 Gruppen. Unter die Teilnehmer mischte sich Musiker und Althippie Joe Labath, der durch sein Aussehen aus der Menge herausstach. Er gehörte zur sechsköpfigen Band aus Nancy, die zum musikalischen Rahmenprogramm beitrug. "Stopp Bure", dafür machte sich der Franzose stark.
Gegen dieses Endlager demonstrierte auch Frank Linke, Mitglied der Gruppe "Bure Zone Libre".

Ob nun gegen die Endlager oder die Atomkraftwerke selbst, Linke meinte: "Da sind wir ja eng zusammen. Atomkraft ist eine Technologie, die in der heutigen Zeit keinen Platz mehr hat." Und ähnlich sieht es Michael Grittmann, der stellvertretende Landesvorsitzende von BUND Saarland. "Cattenom ist eine permanente Provokation der Grenzregion", sagte er. Cattenom sei Luxemburg und Deutschland einfach vor die Nase gesetzt worden, ohne dass die Länder ein Mitspracherecht hatten.
"Das Atomkraftwerk Cattenom ist ein Störfall für gute Nachbarschaft", sagte später der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. Er kritisierte die EU, stellte dabei den angeordneten Stresstest infrage, verglich ihn mit dem "Hornberger Schießen". "Der beste Stresstest für Cattenom ist, es abzuschalten", forderte Leinen. Und diese Forderung wiederholte Markus Tressel, Bundestagsabgeordneter der Grünen. "Unser Restrisiko heißt Cattenom", meinte er. Mit der Kundgebung habe man den Betreibern des Kraftwerks ein deutliches Zeichen gesetzt.

Für Jean Huss aus dem luxemburgischen Esch-sur-Alzette war die Kundgebung an Ostermontag erst der Anfang. Er ist quasi Mann der ersten Stunde in der Internationalen Aktionsgemeinschaft. Der Grüne-Politiker habe mit vielen Aktivisten 1976 verhindert, dass im luxemburgischen Remerschen ein Atomkraftwerk gebaut wurde. Dass die Aktionsgemeinschaft sich nun neu formiert habe, sei der Beginn des neuen Widerstandes. "Es wird nicht die letzte Kundgebung sein", sagte er. Huss forderte die Bündnispartner auf, aktiv, materiell und finanziell die französischen Atomkraftgegner im laufenden Wahlkampf zu unterstützen. "Frankreich brauch keine Pro-Atom-Politik und keinen Pro-Atom-Präsidenten", meinte er. Und damit stieß Huss ins gleiche Horn, wie die angereisten Bürgermeister aus Luxemburg, aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Alfons Lauer, Oberbürgermeister von Merzig sagte: "Der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin, der oder die den Mut hat, Cattenom abzuschalten, wird in die Geschichte eingehen." Das Atomkraftwerk belaste die Bürger in der Großregion.

Und die Bürger verliehen durch ihr zahlreiches Erscheinen der Forderung Nachdruck, das französische Atomkraftwerk gleich hinter den Grenzen des Dreiländerecks umgehend abzuschalten. Henry Selzer, ein Sprecher des Aktionsbündnisses, zeigte sich mit der Resonanz mehr als zufrieden. Die Atmosphäre, der Rahmen, es habe alles gepasst. "Wir wollten eine Plattform bilden, um auch hinter der deutschen Grenze die Diskussion über den Atomausstieg anzufachen", sagte er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort