Zwischen Schwarzmalerei und Schönbeterei

Mainz/Trier · Der rheinland-pfälzische Steuerzahlerbund macht nicht erst seit gestern gegen die "Verschwendung am Nürburgring" mobil. Aber die Worte und die Vorwürfe werden heftiger. Und die Mainzer Staatskanzlei reagiert zunehmend gereizt.

Mainz/Trier. Dürften die Mitglieder des rot-grünen Mainzer Kabinetts ihr Unwort des Jahres wählen, stünde das Ergebnis wohl schon fest: Nürburgring. In den vergangenen Wochen verging kaum ein Tag, an dem der Regierung das finanziell gescheiterte Projekt in der Eifel nicht um die Ohren gehauen worden wäre. Gestern holte der Landes-Steuerzahlerbund zum Rundumschlag aus. Dass der Verein den überdimensionierten Freizeitpark am Nürburgring für pure Geldverschwendung hält, die letztlich Ministerpräsident Kurt Beck zu verantworten habe, hat der Steuerzahlerbund erst vor drei Wochen deutlich gemacht. Da stand die Pleite der Nürburgring-Besitzgesellschaft noch kurz bevor.
Gestern, bei einer Pressekonferenz zur rheinland-pfälzischen Finanzpolitik, wurde noch einmal deutlich schärfer gegen die "Großmannssucht am Ring" geschossen. "Dafür trägt Ministerpräsident Kurt Beck die Verantwortung", sagte Steuerzahlerbund-Vorsitzender Harald Augter und bekräftigte die Forderung nach einem Rücktritt des Mainzer Regierungschefs.
Dass der dienstälteste deutsche Ministerpräsident daran im Traum nicht denkt, hatte Beck schon bei der Sondersitzung des Landtags in der vergangenen Woche gesagt. Es sei seine Aufgabe, das Land im Auftrag der Wähler zu führen und Probleme zu lösen, sagte der Sozialdemokrat im Plenum.
Eine Aussage, die den rheinland-pfälzischen FDP-Vorsitzenden Volker Wissing auch nach einer Woche noch auf die Palme bringt. Kurt Beck verhöhne die Bevölkerung, wenn er zwar die Verantwortung übernehme, "aber dann nicht die Konsequenzen zieht und zurücktritt", sagte Wissing unserer Zeitung. Kurt Beck sei nicht mehr tragbar, könne Rheinland-Pfalz auch nicht mehr glaubwürdig auf die Schuldenbremse vorbereiten.
Gebühren für Kita-Besuch


Beim Wort Schuldenbremse fällt auch dem Chef des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbunds eine ganze Menge ein. Das Land müsse einen strikten Sparkurs fahren, fordert Harald Augter und macht gleich einige Vorschläge, wie dies zu bewerkstelligen ist: Für Kindertagesstätten und Universitäten sollten künftig Gebühren gezahlt werden. Alles andere sei "unangebrachte Sozialromantik", die die nächste Generation bezahlen müsse.
"Der Bund der Steuerzahler legt den Finger in die Wunde", meint CDU-Finanzexperte Gerd Schreiner und kritisiert, dass "die ohnehin kaum wahrnehmbaren Ansätze zur Sparsamkeit" durch die kostenlose Schülerbeförderung und das Nürburgring-Desaster noch "regelrecht überspült" würden. Schreiners etwas kompliziert formuliertes Fazit: "Herr Beck sollte den Rat des Bundes der Steuerzahler im Hinblick auf einen Rücktritt ernst- und annehmen."
In der Mainzer Staatskanzlei reagierte Regierungssprecherin Monika Fuhr mit einem verbalen Gegenangriff auf die neuerlichen Attacken. Der Steuerzahlerbund stelle zu den Entwicklungen am Nürburgring Behauptungen auf, die durch keine Fakten belegt seien. Damit schade er einem Neuanfang. "Schwarzmalerei und Negativszenarien helfen nicht weiter", so die Sprecherin. Die seit langem beim Thema Nürburgring erprobte Schönbeterei und Vertrösterei aber auch nicht, dürften Kritiker ihr entgegnen.Extra

Der Bund der Steuerzahler hat sich auf die Fahne geschrieben, die Verschwendung öffentlicher Gelder anzuprangern. Ebenso berühmt wie gefürchtet ist das jedes Jahr im Herbst herausgegebene Schwarzbuch, in dem Geldverschwendung und Fehlplanungen angeprangert werden. Der 1949 als parteipolitisch neutrale Vereinigung gegründete Steuerzahlerbund versteht sich als Interessenvertretung aller Menschen, die in Deutschland Steuern und Abgaben zahlen. "Wir sind das Finanzgewissen der Nation", lautet die Eigenwerbung des mehrere Hunderttausend Mitglieder zählenden Vereins. Der Steuerzahlerbund hat 15 Landesverbände, darunter auch den Landesverband Rheinland-Pfalz. sey

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